Aufgabe:
Schreibe einen Text von maximal 250 Worten, zum Thema „Mein liebstes Hobby: Schreiben“. Im Text muss jeder der folgenden Sätze mindestens einmal vorkommen: 1. Ich finde es echt zum Kotzen! 2. Ich könnte „Scheiße!“ schreien!
Wenn ich am Computer sitze, vergesse ich alles um mich herum. Die Welt konzentriert sich auf den Bildschirm und das Eingabefenster vor mir. Ich bin so etwas wie Gott, nur mit Touchpad und in Pantoffeln.
Weltabschaffung auf einen Klick.
Enter.
Geil.
Zum Beispiel hier, ganz oben, Kapitel nullkommaneunzigtausend. Ich finde es echt zum Kotzen, dass sich Frau G. schon wieder wichtig macht. Dank Frau K. Was für eine Verschwendung von Speicherkapazitäten. Kann man nicht einfach beide löschen? Aus dem Zusammenhang reißen und gnadenlos verthesaurussen? Bis nichts als ein Platzhalter bleibt? Quasi recyceln.
Delete und weiter.
Nach unten gescrollt. Ein missglücktes Date, ein dreckiges Kind und fünfundvierzig Mal das Wort „Hitze.“ Auf einer Seite.
Wo ist der Korrektor, verdammt?
Ich könnte „Scheiße!“ schreien, jedes Mal, wenn ich an die Geschichte mit dem Mann im Supermarkt denke. Wer kauft auch sämtliche Ü-Eier auf und wundert sich über braunen Dreck aus dem Maul? Nein, Moment, das war der rechtsrechte Parteichef mit dem smarten Look.
Ich bin zu schnell.
Meine göttliche Mission droht zu scheitern. Also lösche ich sie alle. Die Mutter mit den Bastelhühnern, Frau A. im Strandkorb, den Burger King, den Autorvornamenachname, die Modeltussi, den Samstagabendmoderator und wie sie heißen. Erledigt. Gefeuert, das ganze Personal.
Befreiung 2.0 im Garten Eden.
So! Wo waren wir stehengeblieben?
Ach ja, schreiben.
Ich klicke Facebook weg.
Schreiben? Als Hobby? Ich könnte „Scheiße schreien! Denn, nein, verdammt, es ist schon lange kein Hobby mehr. Ich lebe davon. Der Bäcker backt ja auch nicht als Hobby. Gut, vielleicht hat er mal so angefangen. Hey, ich backe mal ein kleines Brötchen. Und, bumm, gefühlt drei Tage später steht er nachts um drei vor seiner Teigmasse und brüllt in die Nacht: „Ich finde es echt zum Kotzen! Hätte ich doch was anderes gemacht! Ich habe kein einziges Hobby mehr, sondern verdiene meine Bröt-, äh, mein Geld damit!“ Wer weiß, irgendwann, wenn ich groß bin, vielleicht lebe ich dann meinen Traum und mache meinen Beruf zum Hobby.
Seit er sein neues Hobby entdeckt hatte, hockte er nur noch am Laptop und tippte.
Sie saugte Staub. Um seinen Schreibtisch herum.
„Muss das jetzt sein?“ Wie genervt es klang. Es reichte. Endgültig. Sie stellte den Staubsauger ab.
„Hör mal, ich finde es echt zum Kotzen, dass du …“
„Was?“
Okay, ihre Wortwahl war vielleicht etwas drastisch, aber sie entsprach ihrem momentanen Gefühlszustand.
„Ich sagte, ich finde es echt zum Kotzen, dass du mich …“
„Oh! Ja! Das muss Darius antworten! Danke, Schatz.“
Er tippte, murmelte vor sich hin: „‚Ich finde es echt zum Kotzen‘, sagte Darius mit peitschendem Schwanz.“
„Was … äh … schreibst du da?“
„Darius ist ein Drache.“
Sie trat einen Schritt näher an den Tisch heran. Vielleicht sollte sie einfach mehr Interesse an seinem Hobby zeigen.
„Sag mal, Bärchen, können Drachen überhaupt kotzen? Speien die nicht Feuer oder so?“
„Was soll das jetzt?“ Sein Blick. Als wäre sie der Drache.
Was das soll? Du bemerkst nicht, dass ich meinen neuen Ledermini trage. Du überlässt mir den gesamten Haushalt und wir hatten seit mindestens einem Monat keinen Sex mehr. Ich … verdammt, ich könnte Scheiße schreien!
All das sagte sie nicht. Auch nicht das, was ihr als Nächstes in den Sinn kam.
Die einen schreien Scheiße, die anderen schreiben …
Oh Gott, nein. Sie liebte ihn doch.
Sie stellte den Staubsauger wieder an.
Ich finde es echt zum Kotzen! Und zwar vollkommen und immer wieder gerne von Herzen. Was ich damit meine? Nun, das ist ganz einfach, aber trotzdem total kompliziert und schlecht nachvollziehbar. Ich meine damit: Wenn beim Schreiben Dinge passieren, die im Vorfeld nicht absehbar waren und dann hinten auf einmal anders sind als vorne, weswegen dann meist auch in der Mitte etwas nicht funktioniert und sich auf später auswirkt, denn dann muss man wieder am Anfang herumschrauben und stellt hernach fest: Jetzt geht etwas anderes auf einmal nicht, mit dem man überhaupt nicht gerechnet hat. Das ist wie mit dem Schmetterling und dem Sack Reis, der in China umfällt – solche Dinge geschehen wirklich, und zwar dauernd. Tausende Säcke Reis fallen täglich um, wenn die Drecks-Schmetterlinge fliegen. Kapieren Sie nicht, oder? Ist auch schwer zu verstehen, weil es dafür kein Wort gibt. Man könnte es zum Beispiel zusammenfassend einfach „Fuck“ nennen – und jeder wüsste sofort Bescheid. Wenn ich gefragt werde, was los ist, könnte ich einfach sagen: „Fucking Fuck ist los.“ Und alles wäre klar. Weil es aber keine Bezeichnung für „Fuck“ gibt und der „Fuck“ so schwer zu erklären ist, lässt man es einfach und sagt halt: „Ach, weiß ich auch nicht.“ Weil es besser so ist, denn: Den „Fuck“ im Detail zu erklären – nee, da wird man wieder wahnsinnig und regt sich noch mehr auf. Jedenfalls: Ich könnte „Scheiße!“ schreien, wenn dieser „Fuck“ passiert.
Für jemanden, dessen liebstes Hobby das Schreiben ist, ist es ein Klacks, einen Text von 250 Wörtern zu verfassen, in dem die Sätze „Ich finde es echt zum Kotzen!“ und „Ich könnte Scheiße schreien!“ vorkommen. Ich bin so jemand. Nicht, dass diese Begriffe zu meinem täglichen Wortschatz gehören würden. Gott behüte, nicht in meinen aggressivsten Träumen kämen mir solche Ausdrücke in den Sinn. Aber was wäre ich für eine Autorin, wenn ich mich nicht auch in ordinäre Protagonisten hineinversetzen könnte?
Also frisch ans Werk. Vorher vielleicht noch einen kleinen Prosecco zur Motivation. Ich trinke ihn langsam und genussvoll, während ich nach einer Idee suche. Fülle das Glas erneut und beobachte die nächsten zehn Minuten, wie die Kohlensäureperlen an der Oberfläche zerplatzen. Die besten Ideen kommen mir immer beim Rauchen. Also raus auf den Balkon und eine Fluppe ins Gesicht. Nach dem dritten Sargnagel lässt der Geistesblitz noch immer auf sich warten. Ich habe das Bedürfnis, laut „Scheiße!“ zu schreien und tue es. Meine Nachbarin, die im Garten buddelt, fragt, ob alles in Ordnung ist. Ich murmele etwas von Recherche am lebenden Objekt.
Zurück zum Schreibtisch. Ich sollte allmählich anfangen. Doch die Kreativität ist anderswo unterwegs. Meine Muse geht fremd und küsst wohl gerade jemand anderen. Welcher Teufel hat mich geritten, diesen Auftrag anzunehmen? Die Seite ist so leer wie mein Hirn. Kann ein Cursor hämisch blinken? Ich bin sicher, er kann. Welcher Idiot hat sich eigentlich dieses bekloppte Thema ausgedacht? Ich finde es echt zum Kotzen. Ich könnte „Scheiße!“ schreien!
Gelegentlich würde ich am liebsten „Ich finde es echt zum Kotzen!“ erwidern, wenn mir mal wieder jemand breit lächelnd erklärt: Ach, Sie schreiben Geschichten? Ich könnte das ja nicht, diese ganzen Wörter und so … Aber das ist schon okay, jeder sollte ein Hobby haben. Ich zum Beispiel finde ja Brieföffner wunderschön, die sammel ich schon mein ganzes Leben.“
Dummerweise hat der Mann recht, also nicht mit den Brieföffnern, aber mit dem Rest.
Was mich unweigerlich zu der Frage führt, die ich mir in letzter Zeit öfter stelle: Ist das Schreiben eigentlich immer noch nur ein Hobby für mich oder ist es schon mehr? Und wenn ja, was … ultimative Selbstbestätigung oder gar der Versuch, unsterblich zu werden?
Nun, zumindest ist es weder Job noch sonst irgendwie gewinnbringend. Inzwischen reichen die Tantiemen zwar wenigstens dafür, die Liebste beim Italiener um die Ecke zur Pizza einzuladen. Aber spätestens wenn wieder die Bemerkung kommt: „Warum schreibst du denn nicht mal so etwas wie Harry Potter oder die Tribute von Panem? Dann würdest du wenigstens jede Menge Geld verdienen und könntest mich anständig ausführen!“, sind das die Momente, in denen ich „Scheiße“ schreien könnte. Wenn auch nur ganz leise.
Doch unabhängig davon, ob Hobby oder doch schon mehr, eines weiß ich mit Sicherheit: Das Schreiben und auch das Herausgeben von Büchern macht mir Spaß, und ich hoffe, dass die Ergebnisse auch meinen Lesern Spaß bereiten. Und wenn das irgendwann mal nicht mehr so sein sollte … dann bleiben mir immer noch die Brieföffner.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Aufgabe:
Stell dir vor, in deiner nächsten Geschichte würde ein alternder Killer vorkommen, der bisher noch erfolgreich überspielen konnte, dass er zunehmend vergesslich wird. Woran würde sein nächster Auftragsmord scheitern?
Sein Deckname war Falke und ihm so vertraut, dass er jedesmal einen Moment nachdenken musste, wenn jemand nach seinem zivilen Namen fragte. Daran störte er sich nicht weiter, sondern reckte behutsam seine schmerzenden Beine. Das Laub raschelte unter seiner Neoprenhose, deren thermoreflektierende Innenbeschichtung seinen Körper vor Unterkühlung schützen sollte. Dennoch kroch ihm langsam die frühmorgendliche Kälte in die alten Knochen. Sein Körper verlor an Vitalität, sein Geist an Substanz. Als Einzelgänger passierte es nicht oft, dass er darauf angesprochen wurde. Aber es kam vor und nervte ungemein.
Auf seine Hände konnte er sich jedoch verlassen. Sie hielten bewegungslos das Scharfschützengewehr in Position. Durch das Zielfernrohr beobachtete er mit der Sehschärfe eines Greifvogels die Tür des Holzhauses am Fuße des Hügels. In der letzten Nacht hatte ihn mehrfach der Eindruck ereilt, sich bei einem seiner Einsätze im Dschungel zu befinden. So intensiv war die Geräuschkulisse des erstaunlich dichten Hochwaldes mitten in Deutschland. Keine schlechte Wahl für die Teufelsanbeter sich hier ein Nest zu errichten. Falke unterdrückte ein wütendes Knurren. Seit Monaten war er diesem gestörten Guru auf der Spur. Im Auftrag vermögender Klienten, deren Tochter in die Fänge der Sekte geraten war. Die polizeilichen Ermittlungen verliefen regelmäßig ins Nichts, weil diese Glaubensgruppe ihre Strippen in allen gesellschaftlichen Schichten zog. Während seiner Recherche war Falke bald auf ein Wespennest gestoßen. Dabei kratzten ihn nicht deren Machenschaften im Drogen- oder Waffenhandel, sondern der Menschenhandel, den diese Hirnwäscher im organisierten Rahmen betrieben.
Ein Killer mit Herz. Er lachte lautlos in sich hinein.
Die Haustür öffnete sich. Falke spannte die Schultern an. Ein Mann trat heraus und reckte sich ausgiebig in der Morgenluft. Sein weißer Kaftan hob sich im Wind wie die Segel einer Yacht. Für Falke war die Zielperson eine Galionsfigur. Er schluckte Wut und Magensäure hinunter. Den Kopf des Kerls genau im Visier. Wie es sich gehörte. Süße Genugtuung machte sich in ihm breit. Endlich würde er einen der Sektenführer zur Strecke bringen. Eine Welle von Erregung durchflutete Falke, als er den Abzug drückte. Klack!
Was zum Teufel …?
Er starrte durch das Visier in die braunen Rehaugen eines Mädchens. Der Schreck explodierte in seinem Gehirn. Die Kleine war ihm direkt in die Schusslinie gelaufen. Auf ihrer Stirn müsste sich der akkurat saubere Tunnel eines Einschusslochs abzeichnen. Der Schock des Todes würde sie noch für den Bruchteil einer Sekunde auf den Beinen halten, bevor ihr Körper begriff und in sich zusammensinken würde. Falkes Herz schlug bis in seinen Hals. Seine Ohren dröhnten.
Doch das Mädchen blickte lächelnd in seine Richtung. Sie konnte ihn nicht sehen, dazu war sie zu weit entfernt. Falke erkannte sie aus dem Dorf. Sie durchstreifte oft die Wälder. Ein junger Mann tauchte neben ihr auf, seine Jacke locker über die Schulter geworfen. An der Seite trug er ein Halfter mit Pistole. Ein Polizist? Ausgerechnet hier?
Falke versuchte hinter den bunten Pünktchen, die vor seinen Augen tanzten, seine Gedanken zu ordnen. Die Polizei war also endlich dabei, einer heißen Spur zu folgen. Irritiert senkte Falke das Gewehr und kontrollierte beiläufig den Einstecklauf. Keine Munition. Er hatte tatsächlich vergessen seine Waffe zu laden. Erstaunen mischte sich mit Erleichterung zu einem warmen Brei in seinem Magen. Die junge Frau war am Leben, weil das seine unaufhaltsam schwand. Beinahe lautlos robbte er den Hügel ein Stück hinunter, richtete sich auf und marschierte mit geschultertem Gewehr davon. Es war es an der Zeit sich in sein Haus in Chile zurückzuziehen, bevor er vergaß, dass er dort eines besaß.
Eva nölte wie immer: „Hast du die Handschuhe? Deinen Schal? Es ist kalt draußen!“ Wenn es nach ihr ginge, müsste ich ins Altenheim und Pflegestufe III beantragen. Dabei bin ich erst sechzig und voll fit.
Na gut, früher musste ich nicht vor jedem Auftrag meinen Merkzettel ausdrucken, damit ich auch nichts vergesse. Aber mit dem Merkzettel klappt das gut, und ich bin immer noch einer der Besten. Habe schließlich bei Big Pete gelernt. Der ist eine Legende, keiner konnte ihm das Wasser reichen, und alle Aufträge topp erledigt. Selbst den mit der Nitribitt.
Und der hat sich auch erst mit fünfundsiebzig zur Ruhe gesetzt. Ist dann kurz darauf mit seiner Motoguzzi voll in einen LKW gerast, weil er das Einbahnstraßenschild übersehen hat. Schöner Tod, so möchte ich auch enden. Nicht im Pflegeheim, mit lauter Evas um mich rum, die mich betütteln.
Jedenfalls hatte ich meine Werkzeugtasche kontrolliert, hinter jedem Punkt auf dem Merkzettel ein Häkchen gesetzt, wenn es in der Tasche war, und bin los.
Reine Routine, Erbonkel, der sich mit achtzig in eine Dreißigjährige verguckt hatte und die Familie fürchtete, dass die Tussi erben würde. War nur etwas eilig, weil er übermorgen heiraten wollte. »Muss also schnell gehen«, wie mir erklärt wurde.
Hab natürlich Gefahrenzulage auf den Preis aufgeschlagen, aber die können das aus der Portokasse zahlen. Der Alte ist alter Frankfurter Geldadel, der sich am Lorettoberg in Freiburg zur Ruhe gesetzt hat. Und da hat ihm im Colombi die Kellnerin schöne Augen gemacht. Gemein sowas. Ich kann sowas nicht ab, Menschen, die nur aufs Geld schauen. Früher war das anders, da hatte man noch Ehre im Leib.
Aber heute?
Na gut, ich will nicht jammern, die Zeiten sind so, wie sie sind.
Ich steige also den Lorettoberg hoch, schließe mit der Rechten das Gartentor mit meinem Werkzeug auf und drücke mit der Linken die Klinke runter. Der Alte sitzt im vollverglasten Wohnzimmer, Tatort im Fernsehen und das blonde Gift auf seinem Schoß. Ich greife meine Glock, den Schalldämpfer habe ich schon aufgeschraubt (steht auch auf dem Merkzettel), ein kurzes Plopp und der Alte muss nicht mehr befürchten, dass er im Pflegeheim enden wird.
Unten schnell den Gehstock rausgezogen und so biege ich um die Ecke. Ein alter Mann mit Stock, der seinen Abendspaziergang macht, gibt es was Unauffälligeres?
Und während ich so dahinstolpere, den Stock in der linken, die Tasche über die Schulter, sehe ich es.
Der Handschuh!
Ich habe ihn nicht angezogen. Dabei steht das extra dick auf dem Merkzettel.
Ich muss wohl doch meine Harley aus der Garage holen. Nichts geht über einen schönen, schnellen Tod.
Henry betrat die Kneipe und stellte fest, dass seine Verabredung noch nicht da war. Träge ließ er sich auf einen Stuhl in der Ecke fallen. Er war sich nicht mehr ganz sicher, um wie viel Uhr sie verabredet gewesen waren, also würde er warten müssen. Er winkte einen Kellner heran, doch niemand reagierte, also holte er Zigaretten aus der Tasche und ließ seine Umgebung in dichtem Rauch verschwinden. Blendete das Stimmengewirr aus und glitt in seine Gedanken.
Es war ein einfacher Job gewesen. Präzise Anweisungen, perfekte Durchführung. Er hatte sich durch die Hintertür ins Haus geschlichen, bewaffnet mit einem Feuerzeug, Benzin und seinen eigenen, drahtigen Fingern. Der schwierigste Teil seines Jobs hatte darin bestanden, das Sicherheitssystem abzuschalten, doch nach drei Minuten war auch diese Arbeit erledigt gewesen. Schließlich war er ein Profi mit langjähriger Erfahrung. Er hatte sich weiter ins Schlafzimmer geschlichen und dabei festgestellt, dass seine Geschicklichkeit zu wünschen übrig ließ. Die Bodendielen hatten bei jedem seiner Schritte gequietscht, zweifellos war er etwas eingerostet. Trotzdem war der Hausbesitzer nicht aufgewacht. Seelenruhig hatte er in seinem King-Size-Bett vor sich hin geschnarcht und gar nicht gemerkt, wie Henry ihn anstarrte. Erst, als er ihm mit seinen winterkalten Fingern die Kehle zudrückte, starrte er zurück. Blickte ihm direkt in die Seele, zappelte, kämpfte und verlor.
Der Rest war ein Kinderspiel gewesen. Ein bisschen Benzin, ein schönes Feuer. Man würde Brandstiftung feststellen, aber niemals herausfinden, wie der Hausherr wirklich gestorben war.
Kredithai in Luxusvilla durch Feuer im Schlaf erstickt! So oder so ähnlich würden die Schlagzeilen lauten und lediglich Henry und sein Arbeitgeber würden wissen, was in jener Nacht wirklich geschehen war.
„Da bist du ja, mein Großer“, sagte sein Boss und setzte sich ihm gegenüber. Sofort war der Kellner am Tisch und brachte zwei Bier. „Alles erledigt?“
„Alles perfekt.“
„Sehr gut.“ Sein Arbeitgeber stellte eine schwarze Ledertasche neben sich auf einen Stuhl und musterte ihn eingehend. „Dann gib es mir.“
„Ich? Dir?“ Henry hielt diese Aufforderung für einen Scherz, schließlich war er es, der etwas bekommen sollte. Und trotzdem regte sich etwas in seinen Eingeweiden. Eine Ahnung, die kurz darauf wieder in den Weiten seines Unterbewusstseins verschwand. „Du solltest wohl eher mir etwas geben.“ Henry würde sich nicht einschüchtern lassen.
Sein Arbeitgeber hob die Ledertasche und stellte sie auf den Tisch, doch als Henry danach greifen wollte, zog er sie wieder zurück. „Erst du.“
„Ich?“
„Hergott noch mal, Henry!“ Sein Boss donnerte die Faust so hart auf den Tisch, dass die Gespräche an den Nachbartischen verstummten. Er warf einen entschuldigenden Blick in die Runde, dann beugte er sich über die Tischplatte und flüsterte: „Wir hatten eine Abmachung und wenn du dich nicht daran hältst, dann bekommst du dein Geld nicht, haben wir uns da verstanden?“
Henry nickte perplex, obwohl er beim besten Willen nicht wusste, wovon sein Boss sprach. Schließlich hatte er seinen Teil der Arbeit erledigt.
„Gut. Dann gib mir das Beweisstück.“
„Das …?“
„Das Ohr, verdammt noch mal, wo hast du es?“
Henry stockte der Atem. Das Ohr. Ja, wo hatte er es? Er hatte es schlicht und einfach an der Leiche vergessen.
Alles stimmte. Ort. Zeitpunkt. Sogar die Knete, die er nach Erledigung erhalten würde. Okay, früher rührte er ohne eine deftige Anzahlung keinen Finger. Aber sein Name hatte immer noch Klang. Einen „Kehlenklaus“ vergisst man nicht so schnell. Klaus fröstelte, dann hörte er die Schritte in der dunklen Gasse. Er duckte sich. Griff nach dem Messer. Diese kurze, scharfe Klinge im Futter hatte vor Jahren manche Kehle durchschnitten. Griff … , er tastete hektisch alle Verstecke in seiner guten alten Killerjacke ab. Scheiße. Zuvor beim Besuch der Enkel wird er die Jacken verwechselt haben. Das muffelige gute Stück schleuderte gerade in der Waschmaschine seiner Schwiegertochter. Und sie hatte recht. Er musste endlich zu Fielmann.
Hugo löschte das Licht und zog die Haustür hinter sich zu. Dieses Mal brauchte er nicht weit zu gehen, um seinen Job zu tun. Zwei Blocks bis zum Park. Ein wenig hatte er gezögert, bevor er diesen Auftrag annahm. So nahe bei seiner eigenen Wohnung? Doch dann hatte Elsa ihn vorwurfsvoll angesehen und demonstrativ die Kühlschranktür geöffnet. Gähnende Leere, in der lediglich eine Paprika vor sich hin gammelte. Der Anblick hatte ihn überzeugt.
Langsam ging er die Straße entlang. Wie immer, war er früh dran und brauchte sich nicht zu beeilen. In Gedanken versunken registrierte er die Strahlen der aufgehenden Sonne, die zwischen den hohen Häusern hindurch eckige Muster auf die Straße zeichneten. Seit wann war ihm sein Beruf so zuwider? Wie lange versuchte er schon, neue Aufträge abzuschmettern? Er kickte eine Coladose in den Rinnstein und beobachtete, wie ein Rest der braunen Flüssigkeit heraustropfte. Dann straffte er die Schultern. Es nützte nichts, den Moment hinauszögern zu wollen. Sein Auftraggeber hatte sich nicht abwimmeln lassen. Er hatte ihm geschmeichelt: Hugo habe in den letzten Jahrzehnten immer saubere und verlässliche Arbeit abgeliefert. Hugo schnaubte, während er seinen Schritt beschleunigte. Er blendete die vorbeifahrenden Autos und die wenigen Passanten aus, fixierte sich nur noch auf sein Ziel. Der Eingang zum Park war bereits zu sehen. Nichts anderes nahm er mehr wahr, nur die schmiedeeiserne, offenstehende Tür.
Wenig später hatte er die Zielperson gefunden. Groß, rothaarig, sportlich. Der Mann sah genauso aus wie auf dem Foto. Lediglich die blasse Haut wies darauf hin, dass er den größten Teil seiner Zeit in einem Büro verbrachte. Mit routiniert wirkenden Bewegungen joggte er Hugo auf dem Pfad entgegen. Ein kurzer Blick genügte, um sich zu vergewissern, dass niemand sonst unterwegs war. Hugo blieb stehen und wartete. Der Rothaarige, Kopfhörer in den Ohren, sah ihm kurz in die Augen – desinteressiert, mit den Gedanken woanders. Hugo drehte sich leicht zur Seite, als habe er zwischen den Bäumen etwas gehört, das sein Interesse weckte. Er konnte bereits den Schweiß und das Deo des Joggers riechen. Dann war er heran. Hugo griff mit beiden Händen nach dem großen Mann, dieser strauchelte und fiel regelrecht in seine Arme. Es war ein Kinderspiel, ihn rasch zwischen die Bäume zu ziehen.
Hugo stieß ihn auf den Boden und drückte ihn mit einem Knie und einer Hand auf den weichen Grund. Nach der ersten Schrecksekunde wehrte der Rothaarige sich. Sein Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung, Hugo von sich zu stoßen. Aber mochte er auch gealtert sein – schwach war Hugo nicht.
Mit der freien Hand verpasste er seinem Opfer einen gezielten Faustschlag an die Schläfe, sodass dieser plötzlich erschlaffte, seine angewinkelten Beine nach außen fielen und die Arme, mit denen er nach Hugos Oberkörper gegriffen hatte, von ihm abglitten wie Gummiattrappen. Das von Sommersprossen übersäte Gesicht wirkte plötzlich entspannt und friedlich. Der Mann hatte die Lippen leicht geöffnet, und Hugo konnte genau die roten Wimpern und Augenbrauen erkennen. Hatte er nicht schon einmal einen rothaarigen Menschen getötet? Er ließ die Gedanken schweifen. Richtig, da war doch dieses Mädchen gewesen. Sie hatte die Wimpern mit schwarzer Tusche übermalt, aber als sie da lag, kalt und leblos, hatte er die roten Ansätze in der hellen Haut genau gesehen. Hugo legte den Arm des schlafenden Läufers vorsichtig neben dessen Körper ab, dann setzte er sich auf den Waldboden. Wie hatte die Kleine damals geheißen?
Verdammt, er konnte sich nicht erinnern. Vielleicht, wenn er all die anderen Namen der Menschen durchging, denen er einen Platz auf dem Friedhof verschafft hatte? Doch da war nichts, nur gähnende Leere. Wie in seinem Kühlschrank.
Der Mann neben ihm rührte sich, stöhnte leise, dann blieb er ruhig liegen.
Konnte er sich wirklich und wahrhaftig an keinen einzigen Namen erinnern? Hugo ließ die Gesichter vor seinem inneren Auge Revue passieren. Viele waren es, wirklich viele. Sie hatten ihm und Elsa einen einigermaßen guten Lebensstandard gesichert. Und niemals war er aufgeflogen. Niemand wusste das von ihm. Aber dass ihm die Namen nicht einfielen! Er konnte sich noch so sehr anstrengen, da war nichts.
Plötzlich spürte er eine Berührung an seinem Oberschenkel, dann legte sich eine Hand auf sein Bein. Er drehte sich zu dem Mann um, der neben ihm lag und ihm jetzt das Gesicht zuwandte. Er wirkte verwirrt, fragte sich wohl, wie er hierhin geraten und wie ihm geschehen war. Hugo beugte sich fürsorglich über ihn. „Geht es Ihnen gut?“
Der Rothaarige griff sich an den Kopf und runzelte die Brauen. „Ich … ich weiß nicht … Was ist passiert?“
Hugo half ihm aufzustehen und legte einen Arm um seine Taille, um ihn zu stützen. Langsam gingen die beiden zwischen den Bäumen auf den Pfad hinaus zu einer Bank.
„Ich weiß es auch nicht“, sagte Hugo. In seinem Kopf herrschte angenehme Leere, als er neben dem rothaarigen Fremden den Schmetterlingen zuschaute, die um einen Busch herumflatterten.
Der Killer nahm die Brille ab, legte sie vorsichtig zur Seite und schaute durch das Zielfernrohr. Gleich würde der Wagen vorfahren, aus dem Baustadtrat Meier steigen müsste, um die Messe in der Kirche zu besuchen. Das Bild des Opfers lag ausgedruckt neben der eben abgelegten Brille. In der Auftragsmail hatte etwas von einem schwarzen Wagen gestanden, in dem der Baustadtrat säße, wohl auch die Marke, die aber hatte der Killer vergessen. Man hatte ihm Ort und Zeit genannt und die Wichtigkeit, dass es genau dann und dort passieren sollte.
Dem Killer war egal, dass er die Marke vergessen hatte, denn in diesem Moment fuhr der Wagen vor und drei Männer stiegen aus. Welcher von denen war der Stadtrat? Er kniff die Augen zusammen und versuchte, das ausgedruckte Gesicht auf dem Bild zu erkennen und mit einem der Gesichter der drei Männer abzugleichen. Silberne Haare, ja. Der dort musste es sein. Er zielte kurz, schoss, und unten vor der Kirche brach ein Mann getroffen zusammen. Schreie gellten.
Wenn er auch alt wurde, zielen und schießen konnte er noch. Seine Auftraggeber würden zufrieden mit ihm sein.
Im selben Moment klingelte das Handy. „Ja?“, meldete er sich.
„Was ist mit dem Auftrag? Sie haben viel Geld bekommen dafür.“
„Ich habe soeben …“, doch sein Gesprächspartner, sein Auftraggeber, ließ ihn nicht ausreden.
„Ich habe soeben den Baustadtrat in Begleitung seiner Gattin die Kirche betreten sehen. Unversehrt.“
„Aber … ich habe ihn gerade erschossen!“
„Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich stehe hier vor der Kirche St Michaelis und hier sind keine Schüsse gefallen, wie es abgesprochen war. Sie sind ein toter Mann!“
„Aber ich habe hier vor St. Michael soeben den …“
„Wo sind Sie?“
„St. Michael, München.“
„Sie gottverdammter Idiot! St. Michaelis, Hamburg habe ich gesagt. In Hamburg!“
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
„Hedwig, warum hast du eine Bohrmaschine in deiner Handtasche?“
„Ganz einfach: Mein Kater ist auf den Baum geklettert und da er unter schlimmer Höhenangst leidet, traut er sich nun nicht mehr runter. Ich bin aber nicht gerade die Gelenkigste, was das Klettern betrifft. Also habe ich mir die Akkubohrmaschine meines Nachbarn ausgeliehen, um damit Löcher in den Baumstamm zu bohren. In diese Löcher werde ich dicke Zweige stecken, und sie quasi als natürliche Tritte verwenden. So schaffe ich es – trotz meiner Ungelenkigkeit – auf den Baum und kann meinen armen, leider etwas schusseligen Kater, herunterholen.
Jetzt möchtest du bestimmt auch noch erfahren, warum ich die Bohrmaschine in meine Handtasche gesteckt habe?! Ebenfalls ganz einfach: Mein Nachbar hat sie letzte Woche bei Hagebau gekauft. Was soweit nicht dramatisch oder ungewöhnlich ist. Aber es ist seine zehnte Akkubohrmaschine – er hat wohl einen ausgeprägten Akkubohrmaschinentick – und seine Frau ist nach der neunten schon stinksauer auf ihn gewesen, weil das Werkzeugregal im Keller schon überquillt. Also hat er sie heimlich gekauft. Deshalb hat er mich gebeten, die Maschine in meiner Handtasche zu verbergen, damit seine Frau nicht sieht, wie ich damit aus dem Haus komme, um im Garten Löcher in den Baumstamm zu bohren, damit ich Tritt-Zweige hineinstecken kann, um meinen feigen Kater vom Baum zu holen. So war es, ich schwöre!“
„Ach so, alles klar.“
„Hedwig, warum hast du eine Bohrmaschine in deiner Handtasche?“
„Ganz einfach: Ich komm heute unangemeldet zu meinem Mann ins Büro, und was meinst du, wen der auf seinem Schreibtisch gerade poppt? Nein, nicht die Sekretärin, diese Schlampe, sondern die Gräfin von Arentow, seine Klientin, und die ist schon weit über sechzig. Na, und jetzt hab ich seine Bohrmaschine geholt, gehe zurück zu seinem Büro und werde seinen Porsche ein wenig löchern, den liebt er nämlich wirklich, und dann hat der in Zukunft auch genug Löcher, in die das Schwein seinen Schwanz reinstecken kann.“
„Ach so, alles klar.“
„Hedwig, warum hast du eine Bohrmaschine in deiner Handtasche?“
Sie wirkte ein wenig blass um die Nase, während sie mit fliegenden Fingern den Reißverschluss der Tasche schloss. Ihr Blick rasterte das vollbesetzte Café, im Quadrat über die Köpfe hinweg, in jede Ecke hinein, ehe ihre Augen zu Ludwig zurückkehrten. „Das ist kompliziert“, murmelte sie und kniff den Mund zu einer bleistiftgeraden Linie zusammen.
Ludwig fragte sich unwillkürlich, wo die lächelnden Lippen seiner Exfrau geblieben waren, die ihn stets an einen Minidonut mit rosa Zuckerguss erinnert hatten. „Erklär es mir.“ Er sagte es nebenbei, und während er die Tageszeitung aufschlug, damit er nicht allzu neugierig wirkte. Der Leitartikel sprang ihm förmlich ins Auge. Weiberfastnacht: Banküberfall in der Sparkassenfiliale in der Dürener Straße. Bankräuber bohrten seelenruhig Tresor auf, während Bankbelegschaft Karnevalslieder grölte. Polizei fahndet nach zwei Personen in Bauarbeiterkostüm.
Ludwig räusperte sich und nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Schwarz mit drei Löffel Zucker. Hedwig trank Schnaps, ein ungewohnter Anblick. Offensichtlich hatte nur seine Welt aufgehört, sich zu drehen. Stumm musterte er Hedwigs Blaumann. Stand ihr außerordentlich gut, auch wenn er einige Nummern zu groß war.
War das die Chance, auf die er seit fünf Jahren wartete? Sehr langsam faltete Ludwig die Zeitung zusammen und schob sie zurück in den Zeitschriftenständer. Dann griff er nach der Hand, die zitternd und kalt vor ihm auf dem Tisch lag, als gehörte sie nicht zu dem Rest der Frau, die er noch immer liebte. „Was hältst du von einem gemütlichen Abendessen bei Giovannis? Du bist früher gern dorthin gegangen.“
Ihr Blick löste sich von der Eingangstür. Las er Erleichterung darin? Freude? Oder Widerwillen?
„Das wäre … nett.“
„Fände ich auch. Aber in Anbetracht der neuesten Entwicklung …“
„Ja?“ Jetzt guckt sie ängstlich.
Ludwig lehnt sich entspannt – sehr entspannt – zurück und lächelt. „… fände ich es passend, wenn Du die Rechnung übernimmst.“
Aufgabe:
Schreibe bitte einen „Klappentext“ zu einem deiner Lieblingsfilme oder einer deiner Lieblingsserien. Verwende aber nicht die Originalnamen der Figuren (oder Schauspieler), die in deinem Klappentext vorkommen, sondern ersetze sie durch andere. Verschweige auch den Titel des Films/der Serie. Die Länge (oder Kürze) des Textes ist ganz dir überlassen, sofern die Vorstellung, er könne auf den Buchrücken passen, nicht vollkommen gesprengt wird.
„Ich mache dir ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst!“
Frank Sinatra fühlte sich durch die Figur des Johnny Fontane, die in dem Film auftaucht, derart verunglimpft, dass er gemeinsam mit Sammy Davies Jr. 600.000 Dollar sammelte, um die Produktion des „besten Werbespots, der jemals für die Mafia gedreht wurde“, zu verhindern.
In der brillant besetzten und oscarprämierten Triologie wird die Geschichte der italienischen Großfamilie Trappatoni erzählt, die in New York mit äußerster Brutalität ihr Mafia-Netzwerk ausbaut. Das gut 30 Jahre umspannende Epos bebildert amerikanische Zeitgeschichte, beginnend in den späten 40ern bis in die 70er Jahre hinein.
Ein Raumschiff, eine Crew, eine Mission! Fünfjahresmissionen sind für Anfänger, erst nach zwanzig Jahren zeigen sich die Qualitäten einer Mannschaft! Auf der Suche nach intelligentem Leben und Planeten zum Sprengen müssen drei ungleiche Raumfahrer über sich selbst hinauswachsen und erkennen: ohne Toilettenpapier ist jede Mission hart.
Dann finden sie intelligentes Leben dort, wo es niemand erwartet hat: im Bombenschacht ihres Raumschiffes! Und jetzt muss sich jeder entscheiden, auf welcher Seite er steht.
Ein Science-Fiction-Epos im Stil von „Raumschiff Enterprise“, „Das Schwarze Loch“ und „Event Horizon“!
Dr. Meier glaubt es geschafft zu haben: die Praxis floriert, sein neuestes Buch ist ein Bestseller und er will endlich mit seiner Familie in den wohlverdienten Urlaub aufbrechen. Doch er hat die Rechnung ohne Udo, seinen neuesten Patienten gemacht. Udo glaubt, die Zeit ohne Meier nicht überleben zu können, und taucht eines morgens vor der Tür des Feriendomizils auf.
Meiers Familie schließt Udo ins Herz, aber Dr. Meier ist bald am Ende. Und landet dort, wo sonst ein Teil seiner Patienten landet …
Admiral John S. Minster steht kurz vor dem Ende seiner Laufbahn in der Raumflotte. Seine legendären Expeditionen liegen Jahre zurück, und er überwacht vom Schreibtisch aus die Ausbildung neuer Kadetten auf seinem einstigen Schiff, der U.S.S. Venture. Da trifft plötzlich ein Notruf von einer Forschungsstation im Iota-Beta-System ein, wo an einem hochbrisanten Projekt, das die Schaffung neuer Welten zum Ziel hat, gearbeitet wird. Als die Venture dort ankommt, erwartet Minster, seine Kameraden und ihre junge Besatzung ein Albtraum. Khagan Ardo Ontal, ein genetisch verbesserter Supermensch, den Minster vor Jahren besiegte und auf einem einsamen Planeten aussetzte, ist zurück – und er will nur eins: Rache an dem Mann, der ihm seine größte Niederlage beibrachte.
Zwei Männer, zwei Legenden, verstrickt in einen erbitterten Kampf bis zum Tod!
Eine erbarmungslose Fehde und eine Liebe im Zwielicht
Budapest, heute. Seit Jahrhunderten tobt der Krieg zwischen den Kreaturen der Nacht. Eine Vampirin wird Zeugin, als ein junger Sterblicher in die Fänge der Werwölfe gerät. Sie rettet ihn und bringt sich damit in tödliche Gefahr. Beide Völker eröffnen die Jagd auf sie und den Fremden – denn sein Blut birgt ein uraltes Geheimnis, das die Vampire mehr fürchten als das Tageslicht …
Der Erpel Donald auf der Jagd nach dem Mörder seiner geliebten Daisy, ein desillusionierter Inspektor Issel, der noch ein letztes Mal zur Tat schreiten muss, um Klarabella Kuh vor dem Schwarzen Phantom zu beschützen, und der Gentleman Goofy, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, für Dicky, Dacky und Ducky einzustehen, die den brutalen Kater Karlo auf dem Gewissen haben – drei Männer, deren Schicksale sich in den Gassen von Entenhausen kreuzen.
Ein gleichermaßen erschreckendes wie faszinierendes Meisterwerk der Comic-Kunst.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Sechs Geschichtenweber habe ich gebeten, die folgende Frage zu beantworten:
Frage:
Wenn ein Fantasy-Verlag dich bitten würde, den neuen Völkerroman (Die Orks, Die Trolle, …) mit dem Titel „Die Geschichtenweber“ zu schreiben, wie würdest du einem Dritten das Volk der Geschichtenweber, wie es in deinem Roman vorkommen soll, beschreiben?
Geschichtenweber, der, weibl. Form Geschichtenweberin, die (im Folgenden wird der Einfachheit halber das Maskulinum verwendet)
Spezies, die sich vorwiegend in geschlossenen Räumen aufhält, meist in der Nähe zu elektronischen Datenverarbeitungsgeräten, Schreibmaschinen oder in ihrer altmodischen Urform auch mit Notizblock bewaffnet. Zeitweise trifft man Geschichtenweber auch in freier Natur, dann oftmals an Orten die sich „Convention“ oder „Buchmesse“ nennen, wo sie sich dem mysteriösen Ritual der „Lesung“ hingeben – Sinn und Zweck derselbigen ist der Wissenschaft bis heute weitestgehend unbekannt, da Lesungen oftmals genauso viel Eintritt kosten wie der Erwerb des gesamten Buches, aus dem der Geschichtenweber aber nur einen Teil vorträgt und dann an der spannendsten Stelle abbricht.
Geschichtenweber hassen die Kälte, weshalb man schon in der Frühzeit ihrer Entwicklung vereinzelte Exemplare in der Nähe antiquierter Heizungen fand, den sogenannten „Lagerfeuern“, an denen sie ihre Geschichten mündlich zum Besten gaben. Waren die Geschichten gut, erhielten sie dafür im Anschluss oft ein Stück Grillfleisch. Waren sie schlecht, wurde der Erzählfluss sofort durch einen glühenden Holzscheit unterbrochen. Daher rührt der Ausdruck „sich den Mund verbrennen“.
Geschichtenweber paaren sich sowohl untereinander als auch mit Artfremden. Da sie sich jedoch meist intensiv um ihren Nachwuchs kümmern und ihm Geschichten erzählen, wird das Geschichtenweber-Gen auch in Mischehen meist sehr frühzeitig bei den Kindern aktiviert. Oftmals sehr zum Verdruss der Umwelt zeitgleich mit dem „Plapper-Gen“. Besonders betroffene Geschichtenweberkinder machen oft Karriere in der Boulevard-Presse.
Die Geschichtenweber sind ein weit zerstreutes Volk, das sich an den zahlreichen Verästelungen des großen Stromes Tenretni niedergelassen hat.
Die Ursprünge des Volkes liegen im Dunkeln. Manche sagen, dass die Urväter der Geschichtenweber damit begannen, zu ihrer eigenen Freude oder für Freunde und Verwandte Erzählungen zu ersinnen. Doch der große Gartni umgarnte sie und versprach ihnen, ihre Werke mittels der Schwarzen Kunst über die ganze Welt zu verbreiten und sie zu Macht und Reichtum zu führen. Zu spät erkannten sie, dass ihr Idol seine eigenen Pläne verfolgte, und nur eine kleine Schar von Adepten konnte der totalen Vernichtung entkommen, als Gartni in den Abgrund des Vergessens geworfen wurde. Heute nennen sie seinen Namen nicht mehr.
Die entkommenen Adepten führten ihre Kunst fort und schufen neue Geschichten und Erzählungen, doch nun bemühten sie sich, die Welt mit ihren Werken zu bereichern statt sie zu beherrschen.
Viel Wasser ist seitdem den Tenretni hinuntergeflossen, und die Geschichtenweber haben stark an Zahl zugenommen. Man begegnet ihnen jedoch selten, denn sie verbringen viel Zeit zu Hause an ihren Schreibtischen, wo sie sich ihrer Kunst widmen. Nicht wenige von ihnen leben dort in einer seltsamen Vertrautheit mit Katzen oder Hunden, die ihnen (wie sie glauben) zu Ausgeglichenheit und Inspiration verhelfen.
Um trotz ihrer zurückgezogenen Lebensweise untereinander in Kontakt zu bleiben, nutzen sie verschiedene Techniken, mit denen sie aus der Ferne miteinander kommunizieren können. Für Außenstehende mögen diese Fertigkeiten fast wie Magie erscheinen, insbesondere das Koobecaf und die Liam-E. Wenn sie unter sich sein wollen, ziehen sie sich in ein Murof zurück. So gelingt es ihnen, sich immer wieder in kleinen Gruppen zusammenzurotten, um sich gemeinschaftlichen Arbeiten zu widmen, die sie hochtrabend Projekte nennen. Innerhalb dieser Gruppen herrscht eine fast schon überschwängliche Kollegialität, denn jeder, der seine Mitstreiter um Kommentare und Kritik zu seinen Machwerken bittet, erhält mehr davon, als er erwartet hätte (und tatsächlich oft auch mehr als er haben möchte). Erst wenn sie ein Projekt beendet haben, verlassen sie ihre Schreibtische, um Versammlungen abzuhalten, die sie Noc nennen.
Durch ihren unermüdlichen Arbeitseifer haben die Geschichtenweber mittlerweile schon etliche ihrer Projekte erfolgreich abgeschlossen, und ihre Taten sind nicht länger nur den Weisen bekannt. Denn zumindest einige von ihnen haben Werke vollbracht, mit denen sie sich einen Platz unter den Großen dieser Welt errungen haben.
„Die Geschichtenweber?“ Pebbling schmatzte und kratzte sich an seinem ausladenden Hinterteil. „Heimtückisch wie zwanzig Elben und angriffslustig wie eine Armee besoffener Zwerge. Legt euch bloß nicht mit denen an.“
Gork schob sich ein Stück rohes Fleisch in den Mund. Kauend erklärte er: „Es gibt keine andere Möglichkeit. Wir müssen sie bekämpfen. Und deswegen will ich möglichst viel über sie herausfinden.“
„Kämpfen? Gegen die? Vergiss es!“ Pebbling brüllte vor Lachen. „Die kann man nicht wie Trolle in einer Schlucht zusammentreiben. Städte, die man niederbrennen kann, haben sie auch nicht. Ihre Zusammenkünfte finden in einem rein ätherischen Raum statt. Internet nennen sie ihn. Dort verknüpfen sie sich geistig miteinander und hecken die verrücktesten Dinge aus. Kreieren Welten, erschaffen Kreaturen – alles natürlich auf einer rein phantastischen Ebene, versteht sich. Und dadurch nicht angreifbar.“
„Hm. Das erinnert mich an die Elben. Ein paar harmlose Lyra- und Stiftknutscher, weiter nichts? Und vor denen habt ihr Alten solche Angst?“ Gork rülpste und versetzte Pebbling einen Stoß.
„Eben nicht! Die Geschichtenweber sind auch in unserer Welt äußerst kampffreudig. Du solltest sie erleben, wenn sie gemeinsam auf einen Druckkostenzuschussverlag losgehen. Ein Ork mit Hirnfieber ist nichts dagegen. Kurzum: Eine schreckliche Bande! Untereinander zanken sie ständig, aber wehe, einer von ihnen gerät in Schwierigkeiten, vielleicht mit einem Herausgeber oder einem Verleger … Dann halten sie zusammen wie Pech und Schwefel. Und genau diese Einigkeit macht sie unbesiegbar.“
„Du meinst also, wir haben keine Chance?“
„Es gibt eine Möglichkeit …“ Gork senkte die Stimme zu einem Flüstern. „Einmal im Jahr materialisieren sie sich gemeinsam auf einer Veranstaltung namens BuchCon in Dreieich, um stundenlang aufeinander einzuschwafeln. Scheint ein geheimes Ritual von ihnen zu sein. Dort könnte man sie überfallen und …“
Die Geschichtenweber sind ein sehr ambivalentes Völkchen. Es gibt sie in allen Größen und Formen und in jedem Alter. Sie beschäftigen sich allesamt mit dem geschriebenen Wort. Doch auch wenn diese Spezies thematisch die gesamte Bandbreite abdeckt, finden sich auch die verschiedensten Individuen regelmäßig zu Gemeinschaftsarbeiten zusammen, wenn jemand eine gute Idee hat und sich dann auch auf die Füße stellt, um sie umzusetzen. Ich glaube, das ist das einzige Manko des Volks der Geschichtenweber – es ist immer schwer, jemanden zu finden, der auf den Tisch schlägt und Verantwortung übernimmt. Wenn das aber doch passiert, ist das Resultat der Arbeit dieses überaus kreativen Volkes stets herausragend. Und um eine solche Arbeit geht es auch in meinem Roman…
Die Geschichtenweber sind ein kleiner, unbeugsamer Stamm junger, kriegerischer, engagierter Autoren mit einem Hang zur Phantasie, manchmal ausufernden Adjektiven, und ständig bereit, sich den Kopf zu zerbrechen und verrückte Projekte nicht nur in Gang, sondern auch umzusetzen.
Das ganz Besondere an ihnen ist, dass sie nicht an einem Ort sein müssen, um zu interagieren, sondern sich einen virtuellen Platz geschaffen haben, an dem sie leben, miteinander arbeiten und sich austauschen können.
Als Untergrundkämpfer erobern sie langsam, aber sicher die Welt; neue Stammmitglieder finden sich ein, wenige verlassen sie auch wieder, bleiben ihnen jedoch in der Regel freundschaftlich verbunden. Wer dem Stamm nicht passt, wird ausgemerzt, auf die ein oder andere Weise.
Die Voraussetzungen, um Stammmitglied zu werden, sind deren wenige, aber deshalb umso wichtiger: muntere Gesinnung, ein reichliches Maß an Phantasie, Toleranz und Kritikfähigkeit (siehe Punkt ausmerzen), Engagement, Neugier und Zuneigung zu den Menschen.
Der typische Geschichtenweber zeichnet sich durch eine technische Affinität aus, den Mut, Träume und Gedanken in Worte zu fassen, und die Fähigkeit, mit anderen Menschen (Trollen, Geistern und anderen merkwürdigen Wesen) kommunizieren zu können und wollen.
Er ist ein gefährlicher Geselle, der weiß, dass Worte Schwerter sein können, und dies manchmal ein wenig leichtfertig, aber selten unbedacht einsetzt.
Er ist ein liebenswerter Geselle, der Welten erschafft, wo andere nur Träume hege, und dafür sorgt, dass sich alle darin wohlfühlen, am meisten er selbst.
Ansonsten isst und trinkt er gern, schläft auf auf weichen Matratzen und hat die besten Ideen, wenn man ihn nur lässt.
Die Geschichtenweber: Wenn die tumben Krieger der Steppe, die Erz hämmernden Zwerge in den Bergen, die Pfeile schnitzenden Elfen in den Wäldern es am wenigsten erwarten, dann stehlen sie sich unter diese Völker und versuchen, sie zu unterwandern. Zuerst taucht da ein einzelner Geschichtenweber auf, schaut sich um und sondiert die Lage. Nach ihm folgen andere, und ehe es sich Krieger, Zwerge und Elfen versehen, sind „Die Weber“, wie sie an schauerlichen Abenden am Lagerfeuer genannt werden, allgegenwärtig. Sie sehen aus wie harmlose Menschen, unterminieren die Stämme jedoch in Windeseile, verbreiten Geschichten über Liebe, Halunken und Helden. Niemand kann sich dieser fremden Poesie entziehen. Ein einfaches Kriegergemüt verstrickt sich in die Handlung. Ein Zwerg fühlt sich von den Tonnen des Granits, die ihn begruben, befreit. Der Elf verliert sein außerordentliches Selbstverständnis und nimmt neben sich auch andere wahr.
Den Webern geling es, die Völker über ihre Geschichten miteinander zu verbinden, und so weben sie von einem Landstrich zum anderen eine Welt nach ihren Vorstellungen.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Aufgabe:
Bring bitte die folgenden fünf Wörter in irgendeiner Weise logisch in einem einzigen Satz unter: Richter, Drache, Nudeln, Mustang, Villa. Die Länge des Satzes ist dabei ganz allein dir überlassen.
Als der Drache sah, wie Richter den Mustang mit Nudeln fütterte, ließ er kurzerhand die Villa in Flammen aufgehen.
Ungläubig schüttelte Richter Yates den Kopf, als er hörte, wie H. Drache (46) versucht hatte, den Mustang unter einer Tonne italienischer Nudeln in der Garage seiner Villa in Littleshaw zu verstecken.
„Du hältst dich für einen Richter, der den Drachen zur Strecke bringen will“, sagte Jurij, schob den Teller mit den Nudeln zur Seite und nahm dem wehrlosen Rico die .44er aus der Hand, um sie ihm auf die gebrochene Nase zu pressen, „aber du bist nur ein Holzkopf, der glaubt, seinen Mustang ungestraft vor meiner Villa parken zu dürfen.“
Jetzt stell dir doch bloß mal einen Richter vor, wie er nichtsahnend in seiner Villa sitzt, allein, denn für Beziehungen hat er keine Zeit, schließlich muss er die Gesetzbücher studieren, um keine falschen Entscheidungen zu treffen, und dort in seiner Villa muss er leider Tag für Tag Nudeln mampfen, weil er nie kochen gelernt hat, denn er muss ja fortwährend die Gesetzbücher studieren, um im Gerichtsaal neben all seiner Sachkenntnis auch noch eine möglichst gute Figur zu machen, und da hat er natürlich keine Zeit für ein solch schnödes und banales Hobby, und Zeit, eine vernünftige Köchin zu suchen hat er auch nicht, denn er muss ja die Gesetzbücher … na, ihr wisst schon … aber immerhin steht ein wunderschöner Mustang in seinem verwilderten Garten, allzeit bereit, den Richter nach dem Essen umgehend und auf dem schnellsten Wege im Galopp zum Gericht zu bringen, wäre da bloß nicht dieser Drache gewesen, ihr wisst schon, hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen, von dem nur so selten die Rede ist, und der ausgerechnet an jenem Tag beschlossen hat, sein Exil aufzugeben und die Menschen aufzusuchen, aber davon ahnte der Richter natürlich nichts, obwohl er als Kind so unglaublich gern der wunderschönen Stimme seiner Mutter gelauscht hatte, als sie ihm die gesammelten Märchen der Gebrüder Grimm vorlas, aber davon einmal ganz abgesehen steckte ja seine Nase jetzt schon seit Jahrzehnten fortwährend in den allzu dicken Wälzern, die kaum ein Mensch verstehen kann, und darüber hatte er die Märchenfiguren sowieso so gut wie vollkommen vergessen, so dass er seinem Mustang auch an diesem Tag, wie an allen anderen zuvor, nicht genügend Aufmerksamkeit schenken konnte, um die Angst in den Augen des Tieres wahrzunehmen, das das Nahen des Drachen schon von Weitem roch, und so kam es, dass der Mustang ganz anders als sonst wie versteinert im Garten stehenblieb und sich keinen Millimeter von der Stelle rührte, und der Richter demzufolge nach so vielen, vielen Jahren, am Tage der Wiederkehr des Drachen nicht bei Gericht erschien und zum ersten Mal in seinem Leben auch keinen Schuldspruch sprechen konnte, aber dafür begann er an diesem denkwürdigen Tag sein treues Pferd zu lieben und wieder an Drachen zu glauben und das, so lässt sich vielleicht sagen, könnte ja letztendlich auch weit wichtiger sein als alles andere.
Der Richter schloss die Augen und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel, während er seine müde Stimme an den Mann auf der Anklagebank richtete: „Herr Gierich, Sie wollen mir also allen Ernstes weismachen, dass ihnen die heißen Wok-Nudeln während der Fahrt auf den Schoß kippten, woraufhin ihr Ford Mustang von der Fahrbahn abkam und ihre Erbtante Berta Drache direkt vor der Haustür ihrer Zehlendorfer Villa überrollte?“
„Und so was schimpft sich Richter!“, schnaubte der Drache verächtlich, und es war ihm völlig egal, dass die Reporter reihenweise in Hörweite standen, denn die himmelschreiende Ungerechtigkeit, die dem Mustang nicht nur die halbe Villa, sondern auch noch den kompletten Bestand an Nudeln aus Onkel Andantes Pastamuseum zugestand, entband ihn in seinen Augen von der Schweigepflicht, die vor der Gerichtsverhandlung vereinbart worden war.
Als Richter Kruse in seinem Ford Mustang mit quietschenden Reifen um die Ecke der Villa schoss, erschrak sich Boticelli, der Hausdrache, so sehr, dass er seinen Schwanz aufrollte wie eine italienische Spiralnudel.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Aufgabe:
Ich möchte dich bitten, den folgenden Dialog fortzuführen:
„So, Frau Engel, fertig.“
„Ach, Dr. Hütte, Sie sind einfach der Beste“, antwortete Stefanie. „Ich spüre schon, wie die Schmerzen nachlassen.“
Du kannst den Dialog so lang oder so kurz weiterführen, wie du möchtest. Einzige Bedingung: Der folgende Satz muss den Dialog (vorzugsweise in irgendeiner Weise logisch) abschließen:
„So, Frau Engel, fertig.“
„Ach, Dr. Hütte, Sie sind einfach der Beste“, antwortete Stefanie. „Ich spüre schon, wie die Schmerzen nachlassen.“
„Da darf man nicht lange fackeln, meine Liebe. Ich habe den Rosendorn in Ihrer Hand sowie das eventuell in Mitleidenschaft betroffene Gewebe großflächig entfernt. Da wird es keine Restlasten geben. Schauen Sie nur, hier haben wir ihn, den kleinen Racker.“ Stolz hielt ihr Dr. Hütte eine kleine Schüssel aus Messing hin. Darin enthalten: ihr rechter Zeigefinger. Sauber amputiert.
„Ich werde Sie verklagen, Herr Doktor!“
„So, Frau Engel, fertig.“
„Ach, Dr. Hütte, Sie sind einfach der Beste“, antwortete Stefanie. „Ich spüre schon, wie die Schmerzen nachlassen.“
„Die Wirkung setzt schneller ein, als ich erwartet hätte.“ Er lächelte.
„Ist das ein gutes Zeichen?“, fragte sie.
„In der Tat.“
„Werde ich wieder gesund?“
Dr. Hütte nickte. „Das sind Sie bereits.“
„Aber …“
„Kein aber, Frau Engel, freuen Sie sich doch!“
„Aber …“
Dr. Hüttes Lächeln verschwand. „Es reicht, Frau Engel. Sie sind gesund und das waren Sie auch schon vorher. Seit Monaten kommen Sie fast täglich in meine Praxis und belästigen mich mit Ihren Hirngespinsten.“ Sein Blick wurde hart. „Sehen Sie, ich habe Ihnen vorhin ein Placebo gespritzt, trotzdem behaupten Sie, eine Wirkung zu spüren.“
Stefanie kniff die Lippen zusammen. Sie sah aus, als wollte sie Dr. Hütte an die Gurgel springen.
„Ich muss Sie jetzt bitten, zu gehen, Frau Engel. Draußen warten Patienten, die wirklich meine Hilfe benötigen.“
Sie erhob sich so ungestüm, dass der Stuhl nach hinten fortkippte. „Das werden Sie bereuen!“
„Das bezweifle ich“, erwiderte Dr. Hütte und dachte an das angebliche Placebo. Niemand würde ihm etwas nachweisen können.
„Ich werde Sie verklagen, Herr Doktor, hören Sie? VERKLAGEN!“ Damit drehte sich Stefanie um und rauschte aus dem Zimmer.
„So, Frau Engel, fertig.“
„Ach, Dr. Hütte, Sie sind einfach der Beste“, antwortete Stefanie. „Ich spüre schon, wie die Schmerzen nachlassen.“ Sie streichelte den Bauch ihrer Katze, die von der Narkose noch leicht benommen auf dem Behandlungstisch lag. „Minka schnurrt sogar wieder.“
Der junge Tierarzt hob die getigerte rote Katze vorsichtig hoch und bugsierte sie in die Transportbox.
„Jetzt hat sie sicher noch ein paar schöne Jahre vor sich, oder?“, fragte Stefanie besorgt.
Lächelnd streifte Dr. Hütte die blutverschmierten Latexhandschuhe ab. „Es würde mich nicht wundern, wenn sie bald wieder herumspringt wie ein Kätzchen.“
Stefanie nahm die Box am Henkel. „Vielen Dank.“
Nachdem sie am Empfangstresen die Behandlung bezahlt und den Transportkorb auf dem Rücksitz festgeschnallt hatte, saß sie eine Weile da und atmete tief durch. Sie hatte eine entsetzliche Zeit hinter sich. Ihr Mann hatte sie mit den Drillingen sitzen lassen, weil eine jüngere Frau ihn angeblich glücklicher machte. Und heute dieser entsetzliche Schock, als sie und ihre neunjährigen Jungs mitansehen mussten, wie ihre geliebte Katze durch die Luft geschleudert wurde.
Aber das Schicksal ging seltsame Wege. Hätte ihr Mann sie nicht verlassen, wüsste sie jetzt nicht, wer der verrückte Raser gewesen war.
Daheim angekommen, machte sie gleich den Anruf, der ihr auf der Seele brannte.
„Rechtsanwaltskanzlei Menzel und Stein. Fräulein Kramer am Apparat. Was kann ich für Sie tun?“
„Stefanie Engel hier.“
„Ach, hallo. Herr Stein sagte, die Scheidungsunterlagen wären bereits auf dem Weg zu Ihnen“, versicherte Fräulein Kramer.
„Darum geht es nicht. Ich würde diesmal gern Herrn Wenzel sprechen.“
„Augenblick, ich stelle Sie durch.“
„Dr. Wenzel“, meldete sich kurz darauf eine forsche Stimme.
„Stefanie Engel. Sie sind vor zwei Stunden mit Ihrem Angeberporsche mit gut achtzig Sachen durch unsere Dreißigerzone gerast.“
„Was Sie nicht sagen.“
„Und haben wahrscheinlich nicht einmal gemerkt, dass Sie meine Katze angefahren haben.“
„Das müssen Sie mir erst mal beweisen.“
„Es gibt drei Augenzeugen.“ Sie lauschte dem leisen Schnurren hinter sich und ergänzte kämpferisch: „Ich werde Sie verklagen, Herr Doktor!“
„So, Frau Engel, fertig.“
„Ach, Dr. Hütte, Sie sind einfach der Beste“, antwortete Stefanie. „Ich spüre schon, wie die Schmerzen nachlassen.“
„Und das ist nur der kleinste Teil, Frau Engel! Sie müssten jetzt bereits fühlen, wie sich die phantastischen Bilder und wunderbaren Inspirationen, die Sie so lange vermisst haben, Ihr Gehirn zurückerobern.“
„Ja, aber warum …“
Warum da noch niemand vorher drauf gekommen ist? Keine Ahnung. Doch stellen Sie sich nur die Möglichkeiten vor: Jeder Mensch, der eine besondere Fähigkeit besitzt, kann diese mit unserer Methode potenzieren! Einfach die Funktionen der weniger genutzten Gehirnhälfte ‚kurzschließen‘ und die dadurch gewonnene Kapazität der anderen Hälfte zuschlagen.“
„Das mag sein. Ich weiß nur nicht …“
„Sie wissen nicht, wie Sie mir danken sollen? Ihr nächstes Buch ist mir Lohn genug, Frau Engel. Sie haben endlich Ihr Leben zurück. Nie wieder werden lästige Schreibblockaden Sie in die Verzweiflung treiben können!
Gut, Sie werden Ihre nächste Betriebskostenabrechnung nicht mehr kapieren … aber das ist doch ein mehr als akzeptabler Preis für schier unbegrenzte Kreativität und Phantasie.“
„Ist es nicht, Dr. Hütte!“
„Aber genau so wollten Sie es doch. Endlich wieder Estefania Engel, die erfolgreiche Schriftstellerin, sein.“
„Nein! Ich wollte Stefanie Engel sein, die weltberühmte Mathematikerin!“
„Bitte?“
„Wissen Sie was, Dr. Hütte? Ich werde Sie verklagen! Auf jeden verdammten Cent, den Sie besitzen. Und auch wenn ich dann mit den vielen Zahlen auf meinem Kontoauszug nichts mehr anfangen kann, so verfüge ich ja jetzt über genug Kreativität, um Ihr Geld möglichst phantasievoll auszugeben. Ich werde Sie verklagen, Herr Doktor!“
„So, Frau Engel, fertig.“
„Ach, Dr. Hütte, Sie sind einfach der Beste“, antwortete Stefanie. „Ich spüre schon, wie die Schmerzen nachlassen.“
Mit den Fingerspitzen tastete sie über ihre rechte Stirnseite, die sich weich und zart, schlichtweg wundervoll, anfühlte.
Noch vor wenigen Augenblicken war genau diese Stelle aufgeschürft und blutig gewesen. Sie hatte ein unerträgliches Dröhnen in Stefanies Schädel verursacht. Wie gut, dass ihre Freundin Alexa gleich nach dem Unfall da gewesen war und ihr Herrn Wunderdoktor Hütte empfohlen hatte.
Da gab es nur eine Sache, die sie jetzt noch interessierte. Sie sah sich in dem Behandlungsraum um. „Haben Sie denn hier nirgends einen Spiegel?“
Dr. Hütte verschränkte die Arme vor der Brust. „Nein, warum?“, entgegnete er mit brummigem Unterton.
„Ich würde gerne sehen, ob es genauso gut aussieht, wie es sich anfühlt.“
„In der Tat.“ Er nickte.
„Herr Doktor, bitte“, sagte Stefanie. Sie stand auf und streckte ihre Hand fordernd aus, um ihre Worte zu unterstreichen.
Endlich erhob sich Dr. Hütte von seinem Stuhl, tat dabei allerdings so, als wären seine Glieder schwer wie Blei. Irgendetwas schien ihm nicht zu passen, das konnte Stefanie ganz deutlich spüren. Aus einer Schublade holte er einen Handspiegel hervor. Es dauerte jedoch eine gefühlte Ewigkeit, ehe er ihr das Utensil reichte.
Stefanie schnappte mit der Rechten nach dem Spiegel und blickte ohne zu zögern hinein. Im gleichen Moment erschrak sie beinahe zu Tode. Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit diesem abscheulichen Ergebnis.
„Ich werde Sie verklagen, Herr Doktor!“
„So, Frau Engel, fertig.“
„Ach, Dr. Hütte, Sie sind einfach der Beste“, antwortete Stefanie. „Ich spüre schon, wie die Schmerzen nachlassen.“
„Was? Das kann nicht sein. Ich hab Ihnen doch eine Schmerztablette gegeben.“
„Ja, ich weiß. Sie wirkt.“
„Offenbar nicht. Ich sagte SCHMERZTABLETTE.“
„Und?“
„Die Schmerzen lassen wirklich nach?“
„Ja, es wird besser. Das ist doch gut.“
„Das ist nicht gut. Irgendwas stimmt hier nicht.“
„Oh … jetzt werden die Schmerzen wieder schlimmer. Viel schlimmer …“
„Na also! Geht doch!“
„Ich werde Sie verklagen, Herr Doktor!“
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Im Mai haben sich mehrere Autoren zum Schreibexil in Leogang (Österreich) zusammengefunden. Dort entstand die Idee zu einem „Sechser im Motto“-Spezial, an dem sich mit meiner Wenigkeit sieben Autoren beteiligt haben.
Aufgabe:
Schreibe einen Dialog, in dem du versuchst, deinen beim Wichteln gezogenen Schreibexil-Kollegen zu überzeugen, die Arbeit ruhen zu lassen!
Früher Nachmittag. Im Garten hinter dem Haus. C. Im Liegestuhl, Lockenwickler im Haar, das Laptop auf dem Schoß. M. kommt aus dem Haus, eine Flasche Prosecco und zwei Gläser in der Hand.
M.: Komm, wir trinken was, wir sind ja nicht nur zum Arbeiten hier.
C.: Du ich bin erst vor eine halben Stunde aufgestanden. Letzte Nacht hab ich bis drei geschrieben, damit ich den Abgabetermin einhalten kann.
M.: Und, lief es gut? Dann können wir ja darauf anstoßen! (beginnt, die Flasche zu öffnen).
C.: Ich muss aber heute noch 20 Seiten schaffen, meine Lektorin schreibt mir schon stündlich E-Mails und fragt, wo die Leseprobe bleibt.
M.: Genau deswegen brauchst du ein Glas Prosecco! Erfolgreiche Chick-Lit-Autorinnen schwören drauf, mit Schwips zu schreiben. Da kommen einem die besten Ideen.
C.: Ach, deswegen wird in den Büchern so viel getrunken! Ich hab jetzt aber wirklich keine Zeit. Wenn aus dem Buch nichts wird, muss ich die Katze ins Tierheim geben, weil ich mir das Futter nicht mehr leisten kann.
Korken knallt, Prosecco schäumt aus der Flasche und tropft ins Gras, M. füllt die Gläser.
M.: Los jetzt! Du bist deinen Leserinnen einen gewissen Lebensstil schuldig. Stell dir mal vor, eine Frauenzeitschrift macht eine Homestory und du entpuppst dich als total unglamourös. Das hat doch null Unterhaltungswert! Ohne das passende Image verkaufen sich deine Bücher nicht, das gehört heutzutage einfach dazu. Denk an die Katze!
C.: Gerade macht aber keiner eine Homestory über mich, und die Lektorin wartet auf die Leseprobe. (wendet sich wieder dem Laptop zu)
M.: Wenn du jetzt nicht mit mir anstösst, poste ich auf Facebook, dass du täglich mehrere Stunden am Rechner sitzt und arbeitest.
C.: O Gott, bloß nicht! (greift nach dem Glas)
M.: Na also, der Marktwert steigt! Prost!
Philipp: (sitzt mit dem Computer auf der Couch und starrt konzentriert auf den Bildschirm. Ebenfalls anwesend: Eine leere Flasche Cola, Nora, der Hund, und Kollegin Schlederer, die ihre Uhr sucht)
Ich: Arbeitest du, Schatz?
Philipp: Hmm hmm.
Ich: Gehst du mit mir zum Bach, Fische fangen?
Philipp: (starrt konzentriert auf den Bildschirm und betätigt die Leertaste, was später noch wichtig wird!)
Ich: Schatz?
Philipp: Hmmmm.
Frau Schlederer: Hat jemand meine Uhr gesehen?
Ich: Wir könnten sie mit meinem Haarnetz aus dem Bach fischen und Sushi draus machen.
Frau Schlederer: (empört) Was? Das ist eine Vintage-Uhr. Die verträgt sich nicht mit Ingwer und Wasabi.
Philipp: (ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen) Wir haben Tiefkühl-Fisch, Mäuschen. Und ich wette, im Bach ist überhaupt kein Fisch. Außerdem mag ich lieber gebackenen Fisch mit brutzelnden, goldenen Bratkartoffeln dazu.
Ich: Das täte dir so passen! Meinen netten Fisch verderben. Fisch muss man roh essen. Und deine Bratkartoffeln kannst du behalten! Bäh!
Philipp: (antwortet nicht, betätigt stattdessen ein zweites Mal die Leertaste)
Ich: (mit Klagemiene) Sogar der Hund hat mehr für Fischfang übrig als du.
Nora, der Hund, winselt zustimmend und gähnt.
Ich: Was machst du überhaupt?
Philipp: Ich bereite den Blogbeitrag vor. Sechser im Motto. Haben wir Gurkensalat?
Ich: Wie kommst du jetzt auf Gurkensalat? Ich habe dich gefragt, ob wir fischen gehen.
Philipp: Das macht mich hungrig.
Ich: (triumphierend) Dann lass uns was zu Essen besorgen!
Nora, der Hund, bellt begeistert.
Frau Schlederer: Essen? Das klingt gut. Wo lebt denn der Mikrowellenherd?
Philipp: Ich muss arbeiten!
Ich: Aber deine Cola ist alle. (lauernd) Brauchst du nicht eine neue, mein Schaaatz?
Philipp: Nö. (kratzt sich nachdenklich am Kinn)
Ich: (mit bebender Stimme) Du hast jetzt genau drei Leerzeichen geschrieben. Das ist nicht arbeiten, das ist leerer Datenverkehr. Wenn du deine Prioritäten nicht ordnest, wandere ich nach Japan aus und heirate einen Hochseefischer!
Frau Schlederer: Ich esse keinen Fisch. Ich esse überhaupt nichts, das mal Augen hatte. Hat irgendwer meine Uhr gesehen???
Ich: Den ganzen Tag hast du nur Augen für das Netbook, starrst den Bildschirm an und kümmerst dich null um meine Fischbedürfnisse. Da müssen sich einem ja die Schuppen aufstellen. Vermutlich wär es dir auch wurscht, wenn ich mich in den Bach stürze und im Bachbett ersäufe.
Frau Schlederer: Also ich geh jetzt ins Bett! Ich bin schrecklich gestresst.
Philipp: (betätigt ein drittes Mal die Leertaste, klappt das Netbook zu und steht auf)
Ich: (begeistert in die Hände klatschend) Kommst du jetzt endlich mit mir ins Bachbett?
Philipp: Ich geh eine rauchen.
Philipp: Kommst du?
Victoria: …
Philipp: Victoria?
Victoria: Du geruhst, mich zu meinen? Wohin, wenn mir die Frage gestattet ist?
Philipp: Hier ist sonst keiner. Zur Kartbahn.
Victoria (lacht, lacht und lacht, was Philipp veranlasst, ungeduldig auf die Uhr zu schauen): Ist es deinereiner möglich, sich meinereiner in einem derartigen Gefährt vorzustellen?
Philipp: Du guckst doch auch Formel 1.
Victoria: Dem ist wohl so. Es soll aber, wie mancher munkelt, auch Leute geben, deren Vergnügen das Lesen, gleichwohl in keiner Weise das Schreiben ist.
Philipp: Versteh ich nicht.
Victoria (unmerklich seufzend): Mir fehlt es an der notwendigen Zeit, da ich erst siebenundvierzig Seiten eines angestrebten Tagespensums von neunundachtzig bewerkstelligt habe.
Philipp (zuckt mit den Schultern, brüllt im Hinausgehen): Claudiaaaaa! Thoooomaaaaas! Wir können los!
Ort und Zeit der Handlung: ein mehrere Jahrhunderte alter Gutshof in tiefster Provinz, für die Dauer von zwei Wochen zum Schreibexil erhoben. Mai 2012.
Die besondere Herausforderung, welche der Umgang mit Persönlichkeiten von der charakterlichen Disposition eines Thomas M. darstellen, sollte ganz und gar nicht unterschätzt werden: Denn man merke auf und staune, wir haben es hier mit einem Parade-Exemplar der zusehends rarer werdenden Spezies „Gentleman“ zu tun; einem Menschen also, der, wie die Heldin unseres kleinen Schwanks schon des öfteren festzustellen die Ehre hatte, seinem Freundeskreis großmütig und ohne mit einer Wimper zu zucken, Ohren, Nerven, und Zeit opfert.
Nun, oben genannte Herausforderung wird sich vermutlich mittlerweile nicht mehr allzu schwer erahnen lassen: So es sich nicht um dramatische Wendungen des Schicksals oder Angelegenheiten, die keinerlei Aufschub dulden, handelt, wird Dame oder Herr von Welt (ersteres, in unserem Fall) einem Thomas M. Anliegen mit äußerster Subtiltät vortragen, ganz besonders wenn er sich, wie soeben, in einer intensiven Schreibphase befindet, und ihn keineswegs mit einer offenen Bitte konfrontieren.
Dabei kann es geschehen, dass sich ein Dialog wie folgender entspinnt:
Unsere Heldin: hat soeben drei der viereinhalb Normseiten, die ihre bisherige schreiberische Tagesproduktion darstellten, wieder gelöscht, und befindet sich nun auf der dringenden Suche nach Ablenkung, Zerstreuung, und einer Plauderei.
Bewusster Thomas M: bis vor kurzem tiefversunken schreibend, blickt auf.
Die Heldin: „Stör ich Dich eh nicht? Das heißt, wenn ich Dich stör‘, dann entschuldige ich mich schon einmal vorbeugend, aber …“ (Sie merkt, dass sie offensichtlich sehr stört, und das schlechte Gewissen erwacht.)
Thomas M: hält im Tippen inne. Das obligatorische „nein“ entweicht seinen Lippen, er rundet es mit einem „aber sicher nicht“ ab.
Die Heldin: ist indessen zu der Conclusio gekommen, dass „… aber ich habe mich gerade in eine Ecke geschrieben und würde Dir jetzt gerne eine Dreiviertelstunde lang irgendwelchen Unfug über historische Details zu meinem Projekt vormonologisieren“ keine korrekte Weiterführung des Satzes ist – zumindestens nicht, wenn sie Tage später in einem Blogeintrag eines Mitexilanten nicht als ausgeprägte Egozentrikerin herüberkommen will.
Thomas M: missdeutet das pointierte Schweigen, das ihm entgegenschlägt. „Geht’s Dir gut? Ist alles in Ordnung?“
Die Heldin: überdenkt ihre Optionen; mit „nein“ zu antworten, und detailliert das schreiberische Missgeschick (inklusive historischer Abschweifungen) darzulegen, scheint ihr zu egoistisch; die Variante, zu bejahen und sich ihrerseits nach dem Fortschritt des ThomaM’schen Werk zu erkundigen, in jenem Moment zu grausam. (Wer will Schreibende schon vor die schwierige Wahl stellen, eine Kreativphase auszunutzen, oder dem Drang nachzugeben, über das eigene Projekt zu konversieren?) Sie entscheidet sich für den dritten Weg und tritt mit der Erklärung, die im Garten geparkten Haflinger heillos mit Karrotten überfüttern zu müssen, den Rückzug an.
Thomas M: von der Heldin erratischem Verhalten leise beunruhigt, bietet seine Gesellschaft an und erfährt somit (da unsere Heldin zur sprunghaften Gesprächsführung neigt) letztlich doch weit mehr über die gesellschaftlichen Ereignisse des Jahres 1907, als er – oder irgendein anderer Mensch – jemals wissen wollte.
Die Haflinger: überfressen sich indessen an Karrotten und Ärmeln.
Ich: „Gabi?“
Gabi: „Ja?“
Ich: „Gabi?’
Gabi (leicht genervt): „Jaaa?“
Ich: „Gabi, was machst du hier?“
Gabi: „Ich schreibe.“
Ich: „Und, kommst du voran?“
Gabi (sieht Ich von unten an): „Jetzt nicht mehr so gut.“
Ich: „Warum gehen wir dann nicht mal kurz spazieren. Kopf auslüften und so.“
Gabi: „Das ist nicht nötig, es wird wieder besser gehen, wenn du mich arbeiten lässt.“
Ich: „Ach so.“
Kurze Pause. Ich trippelt unschlüssig um den Gartentisch herum, während Gabi wieder auf ihren Laptop starrt.
Ich: „Gabi?“
Gabi: „Was?“
Ich: „Pebo geht vielleicht auch mit.“
Gabi: „Pebo bleibt hier!“
Ich: „Aber wenn er mitgehen will?“
Gabi: „Er bleibt hier!“
Ich: „Na gut.“
Zweite Runde von Ich um den Gartentisch. Nervös blickt Gabi über ihre Schulter.
Ich: „Du? Gabi?“
Gabi: „Herrgottnochmal, was?“
Ich: „Wollen wir eine Runde Badminton spielen?“
Gabi: „Ich kann das nicht.“
Ich: „Ich zeig’s dir. Ist echt leicht.“
Gabi: „Ich habe keine Lust. Ich will arbeiten.“
Ich: „Okay …“
Ich schleicht wieder um den Gartentisch herum, mittlerweile argwöhnisch von Gabi beobachtet.
Ich: „Gabi?“
Gabi: „WAS IST?“
Ich: „Ich habe Nudeln aufgesetzt.“
Gabi: „Und?“
Ich: „Wann sind die fertig?“
Gabi: „Wenn sie durch sind.“
Ich: „Ja schon, aber wann merke ich das? Kannst du nicht vielleicht mal kurz mitkommen und prüfen, ob die Nudeln fertig sind?“
Gabi: „Das ist nicht dein Ernst?“
Ich (überlegt kurz, scheint aber Gabis Blick richtig zu deuten): „Eh nicht …“
Und wieder kreist Ich um den Tisch, starrt auf den plätschernden Bach. Gabi funkelt Ich aus den Augenwinkeln an.
Ich: „Gabi?“
Gabi: „Herrschaftszeiten, jetzt reicht’s aber!“
Ich: „Tschuldigung. Aber du kannst doch so toll Tarot-Karten legen. Kannst du mir nicht die Karten für meine Zukunft legen?“
Gabi: „Deine Zukunft? Ich zeig dir deine Zukunft!“
Ruckartig steht sie auf, der Gartenstuhl kippt nach hinten, sie stürmt zur Scheune, reißt das Scheunentor auf und ergreift die Axt.
Wie schaffe ich es, Steffi vom Schreiben abzuhalten? Der Versuch eines Dialogs …
Ich (über einen Schülertext gebeugt – auf der Suche nach einer Ausrede, das Korrigieren unterbrechen zu können): Steffi, an was schreibst du grad?
Steffi (zerrt einen sperrigen Liegestuhl auf die Sonnenwiese): Ah ja, Schreiben … ja, klar! Schreiben … ich bin grad beim Überarbeiten … beim zweiten Kapitel … Nora! Hierher! Hat irgendwer das kleine Monster gesehen? … also, das zweite Kapitel ist echt ein Hund! … Nora! Aus! Lass den Igel in Ruhe! (lässt die Liegenbestandteile fallen, sprintet zu einem Laubhaufen am Ende des Gartens) … da haben wir wieder was gefunden, was, kleines Monster? (über die Schulter) Dem Igel kann sie ja nicht wirklich was tun, aber wenn da Babys sind … Nora! Geh jetzt weg da! …
Ich (immer noch auf der Suche nach einem Break zum dritten Mal den ersten Satz des Schüler-Krimikapitels lesend – interessiert): Echt? Hat der Igel Babys?
Steffi (im technischen Clinch mit dem Klappstuhlgestell): So dick wie der ist, würde mich das jetzt nicht wundern … wir hatten ja mal einen Igel in der Praxis – versuch mal, einem Igel eine Spritze zu geben! (lacht) – Nadeln hätt der ja selber genug! (springt rechtzeitig vom Sessel weg, bevor er unkontrolliert zusammenklappt) … ja, das zweite Kapitel macht mich echt fertig! Dieser Brief … was haltet ihr von dem Brief? Kann ich den mal vorlesen? … Nora! Schluss jetzt! Mit dem Igel darfst du nicht spielen! (zwischen Stuhl und Hund hin und hergerissen) Ich brauch jetzt irgendwas Süßes! (verschwindet im Haus, kommt aber unerwartet schnell wieder zurück). Die Nora, das Dummerchen! (lacht und befreit das zappelnde Tier aus einem Kabel, in das es sich mit den Hinterpfoten verstrickt hat). Da sind wir heute mit der Nase in den Stromkreis gekommen, gell, kleines Monster? Da haben wir dann einen schlimmen Schreck gekriegt (patscht Nora auf den Kopf) …
Ich (erfreut über die Hochspannung versprechende Neuigkeit): Ach, haben wir …?
Steffi (kichert): Wir sind halt immer so schrecklich neugierig! (zerrt am Gestell, das endlich einem Liegestuhl ähnlich zu sehen beginnt) Da fällt mir ein, ich soll ja noch einen Text schreiben! Oh Mann! Voll vergessen. Ich bin ja so a Depp. Ich hab schon was angefangen, aber des muss ich definitiv nochmal überarbeiten … (lässt sich in die Liege plumpsen und greift nach dem Laptop) Nora! Der Müllwagen tut dir schon nix! Ja, is ja fein! Tust uns bewachen, gell? (springt auf, verschwindet ins Haus) Ich hab in letzter Zeit so viel Gusto auf ungesundes Zeugs! (aus dem off – wahrscheinlich aus der Küche) und ihr seids schuld (lacht hell und ansteckend).
Ich (resigniert wieder über den Schülertext gebeugt): Sorry, aber ich kann Steffi unmöglich vom Arbeiten abhalten … (seufzt) Das schafft sie schon ganz von allein …
Ich: Lass uns irgendetwas machen.
Tanja: Ich mach schon irgendwas. Schreiben.
Ich: Die ganze Woche bist du auf Berge gerannt bzw. gefahren. Hast dich in der Infrarotkabine geräkelt und sonstigen Blödsinn gemacht, der mit allem zu tun hatte, nur nicht mit Schreiben und kaum …
Tanja: Ich habe geplottet.
Ich: Ja, ja, geplottet. DIE Ausrede eines jeden Schriftstellers, sobald er was macht, das nicht an Schreiben erinnert. Dann heißt es nicht mehr: Ich war Bergwandern, sondern ich musste herausfinden wie lang meine Helden von A nach B brauchen. Und wenn man im Drogenrausch von der Polizei verhaftet wird, dann hat man nur recherchiert.
Tanja: Klingt als wär dir das mal passiert.
Ich: Mir? Ich weiß noch nicht mal wie Drogen aussehen.
Tanja: Warum schaust du dann auf einmal so nervös zum Fenster raus?
Ich: Hab mich nur gewundert, dass das Wetter auf einmal so umgeschlagen hat.
Tanja: Weißt du was? Ich habe in meinem Roman eine Laudanum-Szene. Da könnte ich noch ein paar Informationen zu gebrauchen. Wie das Zeug so wirkt. Und wie man sich so fühlt. Du würdest mir da doch sicher helfen.
Ich: Na gut. Ich geb’s zu. Ein paar Erfahrungen habe ich ja. Dann lass uns mal rausgehen. So ein bisschen in die Berge rein. Muss ja nicht jeder mitbekommen.
Nach einer Viertelstunde irgendwo im Wald.
Tanja: Jetzt schieß schon los.
Ich: Womit?
Tanja: Den Drogen.
Ich: Ich glaub, ich war nicht ganz ehrlich. Ich hab keine praktischen Erfahrungen mit Drogen.
Tanja: Du wolltest mich also nur vom Schreibtisch weglocken.
Ich: Hat doch geklappt. Aber bevor du sauer wirst: Ich weiß wie man aus Pilzen Drogen herstellt. Also lass uns ein wenig wandern und Pilze suchen.
Tanja: Dann können wir heute nach dem Abendessen die Wirkung ausprobieren.
Ich: Und gegebenenfalls halt auch die Folgewirkungen wie das mit Notruf und so weiter funktioniert. Erstbehandlung im Krankenhaus. Verhaftung. Anklage. Und Verhandlung.
Tanja: Alles im Sinne der Recherche!
Ich: Was denn sonst?
Mascha sitzt im Schneidersitz auf der Couch und schreibt.
Claudia (platzt herein): Duhu, Mascha? Hast du grad Zeit?
Mascha: Nein. Ich schreibe.
Claudia: Sehr gut. (schweigt lautstark)
Mascha: (sieht vom Computer auf) Warum?
Claudia: Ich brauche eine kotzende Katze.
Mascha: (während sie etwas auf ihrer Tastatur tippt) Dann fütter ihr den Rest vom Curry!
Claudia: (hungrig) Ist noch was da?
Mascha: Wenn du was übrig gelassen hast … Aber gib der Katze was ab!
Claudia: Die kotzt doch nicht wegen dem Curry, sondern wegen dem Orakel.
Mascha: (ansatzweise ist Ironie zu erkennen) Klar, warum bin ich nicht gleich drauf gekommen?
Claudia: Also, bist du so lieb, Mascha? Bitteee!
Mascha: (ungeduldig) Nachher. Ich muss dringend das Kapitel fertigschreiben.
Claudia: Du bist ein Schatz!
Claudia verschwindet eilig Richtung Küche. Mascha schüttelt den Kopf und tippt drei Wörter, als Thomas die Tür mit einem dramatischen Schrei aufreißt.
Thomas: Mascha?
Mascha (ohne aufzublicken): Ich schreibe.
Thomas: Maaaaascha?
Mascha: Was?
Thomas: Kannst du mir mal die Welt zerstören?
Mascha (blickt interessiert hoch): Wenn ich dafür eine kotzende Katze verwenden kann?
Thomas: Ähm … Was?
Mascha: Egal. Aber was willst du wirklich?
Thomas: Das Weltende, die Apokalypse, Armageddon. Das Übliche eben. Feuer, Rauch, Schwefel, Meteoriten, was halt dazugehört.
Mascha: Das ist ein bisschen viel. Was bietest du an?
Thomas: Ich ess den Rest vom Curry?
Mascha: Du gehst mit Gionata in den Prater, wenn wir in Wien sind.
Thomas: Okay. Ich erzähl ihm dann mehr von meinem Plot …
Mascha (mit Blitzen in den Augen): Untersteh dich!
Thomas zieht mit einem selbstgefälligen Grinsen von dannen. Victoria kommt aus dem Garten und murmelt ungläubig.
Victoria: *Gemacht ja zwo Dresden
Mascha: (weniger irritiert als es nach nämlicher Äußerung zu erwarten wäre, blickt schicksalsergeben von ihrem Plot auf) Wie meinen?
V: Sorry, sorry, bloß Zwistigkeiten mit dem Telefon. Aber, wenn wir doch gerade schon plaudern …
Mascha: (schnaubt)
V: … Was hältst Du von Haremszenem in fin de siecle Erotika?
Mascha: (staubtrocken) Zugegebenermaßen nicht unbedingt eine Frage, die sich mir im Leben schon gestellt hätte.
V: (mit charakteristischer Bereitschaft, sich über Gebühr für das Thema zu begeistern) Die waren anno dazumals vollkommen besessen von dem Zeug. (Es folgt: Ein längerer, ausladender Monolog über k&k-Pornographie in sämtlichen Ausprägungen, welcher der geneigten Leserschaft an dieser Stelle erspart wird, um selbige nicht zu antagonisieren)
Mascha: (deren Weltgewandtheit sie davor bewahrt, der Sprecherin mit blankem Entsetzen zu begegnen) Faszinierend! (sie widersteht der Versuchung, sich in der passenden Spock-Augenbraue zu ergehen.)
V: (enthusiastisch) Also, machst du’s?
Mascha: Was? Curry?
V: Eine fin de siecle Haremsszene, natürlich!
Mascha: Mit oder ohne apokalyptisch kotzenden Katzen?
V: (in Gedanken schon wieder gen 1900 entfleucht) Ganz wie Du magst! (entschwindet)
Mascha blickt ihr lange nach, klappt den Computer zu, zückt ihr Notizbuch und beginnt, wild darin herumzukritzeln. Philipp betritt das Wohnzimmer mit Zigaretten und Feuerzeug und schaut ihr interessiert über die Schulter.
Philipp: Huch, Mascha, hast du wirklich gezeichnet, was ich glaube, das du gezeichnet hast?
Mascha: (mit flackerndem Blick und wirrem Haar) Was? Was???
Philipp: Eine leicht geschürzte orientalische Warrior Cat kotzt ins Fegefeuer?
Mascha: (lacht irre) Genau!
Philipp: (schiebt sich eine Zigarette in den Mundwinkel) Hey, klasse Plot! Du solltest das schreiben!
Mascha bricht in Tränen aus.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Frage:
Wenn du zwei deiner Eigenschaften nennen solltest, eine, mit der du ein guter Anwärter für eine Rolle in einer deiner eigenen Geschichten wärest, und eine, die dir den Weg dorthin höchstwahrscheinlich verbauen würde, welche wären das und warum?
Einmal traf ich persönlich mit einem Lektor zusammen, der meinen Roman gelesen hatte. Irgendwie schaute er mich in einer Weise an, als würde er mich kennen. Seitdem habe ich den Verdacht, als würden Aspekte meiner Persönlichkeit durchaus in meine Figuren einfließen. Dabei finden die dann andere, ganz neue Lösungen ihrer Konflikte. Einer meiner letzten Romane (Die Hure und der Mönch) spielt im Florenz des Jahres 1497. Die weibliche Hauptfigur Angelina geht sehr neugierig und ausdauernd der Frage nach, wer ihren ungeliebten Verlobten Fredi erdolcht und die weiteren Morde in der Geschichte begangen hat. In dieser Ausdauer und Neugier würde ich ihr in nichts nachstehen. Meiner Hauptfigur bleibt nichts erspart. Sie erlebt Intrigen, Verrat, Gewalt, die Pest, Hinrichtungen und Morde, aber auch Liebe und Freundschaft. Was ich nicht hätte, ist der Mut, schließlich in die Höhle des Löwen zu gehen. Nach einer solchen Odyssee hätte ich die „Heldenreise“ wahrscheinlich abgebrochen und wäre in dem Kloster geblieben, in das sich Angelina für eine Zeit verkrochen hatte. Ich wäre also ausdauernd und neugierig, jedoch nicht mutig genug, mich der ganzen Wahrheit zu stellen. Das hat meine Hauptfigur im Endeffekt sehr gut für mich erledigt.
Interessante Frage.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass bei mir seltsame Charaktereigenschaften zusammenfallen. Zum Beispiel halte ich mich selbst für intelligent (ja, ich glaube, man darf sich selbst so einschätzen), andererseits bin ich aber auch naiv; ich glaube an das Gute im Menschen und daran, dass mir niemand etwas Böses will. Natürlich lernt man im Laufe des Lebens dazu, dennoch habe ich mir eine gewisse Naivität und Gutgläubigkeit bewahrt und glaube, dass ein gesundes Quantum auch gut ist.
Doch zurück zur eigentlichen Frage.
Ich bin ein Stratege. Ich arbeite sehr zielorientiert und versuche herauszufinden, auf welchem Wege ich am effektivsten meine gewünschten Ergebnisse erreiche.
Diese Eigenschaft ist sowohl für meine Täter als auch für meine Ermittler sinnvoll. Ich kann mich gut in beide hineinversetzen und dann analysieren, wie z. B. mein Antagonist den Mord möglichst perfekt begeht und wie mein Protagonist ihn anschließend aufklärt.
Dagegen spielt meine absolute Harmoniesucht. Ich habe immer das Bedürfnis, es allen Recht machen zu wollen, niemandem auf den Schlips zu treten. Alle sollen zufrieden und glücklich sein.
Eine Charaktereigenschaft, die zumindest für meine Täter alles andere als sinnvoll erscheint.
Eine meiner dominierendsten Eigenschaften ist sicher die Leidenschaft, mit der ich alles betreibe, was mir wichtig ist, und dass ich mich mit all meiner Kraft dahinterklemme, mein Ziel auch zu erreichen – was ja auch für einen Romanhelden eine unabdingbare Eigenschaft ist. Eine andere ist „Erfindungsgabe“ – denn ohne gute Ideen kommt man auch nicht weit. 😉
Den Weg dorthin erschweren könnte mir, dass ich mich für viele Dinge begeistern kann und aufpassen muss, dass ich mich nicht „verzettele“ – was für einen Romanhelden eine katastrophale Kombination wäre. Denn der muss gerade auf sein großes Ziel zusteuern.
Zielstrebig wie ich bin, würde ich als Held meiner eigenen Geschichte den bösen Burschen garantiert auf die Schliche kommen. Dummerweise bin ich manchmal auch etwas ungeduldig, so dass ich mir den einen oder anderen Weg verbauen würde.
Ich bin eine recht gute Köchin. Jedenfalls hat noch nie jemand etwas Gegenteiliges behauptet und meines Wissens ist auch noch keiner an meinem Essen gestorben. Ich könnte mir also gut vorstellen, in einer meiner Geschichten eine Taverne zu führen. Da gäbe es dann Brathuhn mit Kürbis, Pflaumen und Maroni oder Lammragout mit getrockneten Tomaten, Knoblauch und Rosmarin. Und zum Nachtisch flüssigen Schokokuchen, Erdbeeren mit Schokosauce, Schokoladenfondue mit Früchten, Schokoladensoufflé, Mousse au Chocolat, Schoko-Birnen-Tarte … *duck* Wer hat hier mit der Sachertorte geworfen?
Vermutlich wäre ich eine lausige Kämpferin.
Das beginnt schon mal damit, dass ich keiner Fliege was zuleide tun kann. Ich fange sogar die Spinnen, die sich im Winter regelmäßig in mein Haus verirren, mit Hilfe von Glas und Zeitung ein, setze sie ins Freie und hoffe, dass sie nicht erfrieren.
Obendrein könnte ich niemals jemanden im Kampf schlagen. Als Kind hatte ich so meine Probleme beim Tennisspielen. Da flog nicht der Ball in hohem Bogen davon, sondern der Schläger. Somit fällt das Schwert schon mal weg. Zielen ist auch nicht so mein Ding, ich bin kurzsichtig und würde andauernd daneben schießen – Ausschlussgrund für Armbrust, Pfeil und Bogen und sonstige Schusswaffen.
Und überhaupt ist das Kämpfen doch viel zu mühsam! Wozu der Aufwand, wenn man die Sache auch bei einem gemütlichen Essen und einem Glas Wein bereden kann? Womit wir wieder bei der Taverne wären … 😉
2 Eigenschaften, die mich als Protagonist meiner Geschichte qualifizieren würden:
Meine Figuren sind oft Lebenskünstler, die kreativ den Herausforderungen des Lebens begegnen.
Ich selber habe auch schon alles Mögliche gemacht: war Osterhase bei Karstadt, habe Schamanismus in der Sahara studiert und im Callcenter ziemlich erfolglos Produkte verscherbelt, die die Welt nicht braucht.
Die meisten meiner Figuren glauben an sich, auch wenn sie anecken. Diese Eigenart teile ich auch. Ein – wie ich fand – sehr skurriler Vorgesetzter meinte mal: „Sie sind eckig, nicht rund.“ Aha.
Was mich als Figur meiner Bücher disqualifiziert:
Meine Figuren genießen das Leben meistens aus vollen Zügen: Sex, Drugs, Rock ’n‘ Roll. Ich selbst bin mit Anfang 40 ruhiger geworden und würde ihr Tempo nicht mehr mithalten können. Schade auch.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Aufgabe:
Suche dir bitte einen/eine Protagonisten/in aus deinen Werken aus. Er/sie hat riesigen Hunger und bereitet sich gerade eine Mahlzeit zu. Doch er/sie wird durch irgendetwas abgelenkt und das Essen verbrennt. Wie wird er/sie reagieren? Was wird er/sie sagen?
Jeder weiß, dass man Raubtiere nicht beim Fressen stören darf. Nur jemand mit Todessehnsucht wäre so leichtsinnig, einem über eine Gazelle gebeugten Löwen einen Artikel über Frau Harkels Neffen, seine Frau und seine Milchkühe aus der Friesischen Bauernpostille ins Ohr zu brüllen und gleich danach das komplette Angebot von Tchibo runterzubeten. Allerdings würde der Löwe unter diesen Umständen auch nicht ans Telefon gehen. Und ich war wohl kein Raubtier, auch wenn ich Hunger hatte wie ein Bär und meine Mutter gerne angeknurrt hätte.
„…in grün und türkis. Und sehr praktische, emaillierte Töpfe in vier Größen und einen Toaster und Schals mit Blümchenmuster …“
Ein unangenehmer Geruch stach mir in die Nase, und ich stürzte zum Herd. Meine Gazelle! Bitte nicht!
„Mama, ich ruf dich später noch mal an, der Milchreis brennt an!“
„Der Milchreis brennt an?“, wiederholte meine Mutter unverkennbar beleidigt, und mir fiel zu spät ein, dass sie genau das immer sagte, wenn sie ein Gespräch mit Tante Friederike beenden wollte oder mit einem dieser bedauernswerten „Sie haben gewonnen!“-Anrufer.
Bevor ich ihr erklären konnte, dass ich WIRKLICH Milchreis kochte, hatte sie schon aufgelegt. Es würde Monate dauern, bis sie mir das verziehen hatte. Wenigstens war die obere Hälfte des Milchreises noch genießbar. Die untere würde ich mitsamt dem Topf nach dem Essen in die Mülltonne werfen. Und danach konnte ich ja bei Tchibo einen neuen Topf kaufen, einen von diesen praktischen, emaillierten.
Gottfried Froelich träumte das Rezept in Ruhe zu Ende, und als er wieder erwachte, hatte sich ein beißender Geruch in der Küche ausgebreitet. Auf den Herdplatten schmurgelte eine bräunliche Pampe, rund um den Soßentopf zischte und rauchte es eindrucksvoll. Gottfried tappte schlaftrunken hinüber, griff nach dem Topf, schleuderte ihn sofort fluchend zurück auf den Herd, schlurfte zur Spüle und ließ kaltes Wasser über seine schmerzenden Hände laufen. Während er seiner Haut dabei zusah, wie sie sich rötete und in Blasen warf, kam ihm die Idee: Müssten nicht die Hände den Täter überführen? Müsste der Mörder sich nicht die Finger verbrannt haben, als er den heißen Topf auf Roswitha schleuderte?
Das Leben an Bord brachte es mit sich, dass gute Manieren früher oder später gegen ein paar deftige Seemannsflüche eingetauscht wurden. Und Biba war schon lange Matrosin auf der Merry Mary May. So blickte also niemand verwundert auf, als die Kombüsentür aufschwang und mit dichtem, schwarzem Qualm auch eine Auswahl Bibas übelster Flüche hervorquoll.
Das Telefon klingelte, als die Putenbrust in der Pfanne längst einen karamellbraunen Farbton angenommen hatte. Angemer wischte sich seufzend die Hände an der Schürze sauber.
„Angemer.“
Eine Stimme am anderen Ende der Leitung gab eine Anweisung durch. Er lauschte, ohne zu unterbrechen.
„Verstehe. Treffpunkt Java Eiland. Ich bin in zehn Minuten da.“
Der Duft von Verbranntem, vermischt mit dem aromatisch stechenden Aroma der Lauchzwiebeln, zog durch die Küche. Der Kommissar legte auf und warf einen Blick auf das geschwärzte Fleisch. Nach dem verhinderten Attentat an der Amstel am frühen Abend hatte er gehofft, ein wenig Ruhe zu bekommen. Eine Ruhe, die bitter nötig war. Er spülte den Speichel in seinem Mund mit einem Schluck Bordeaux herunter. Die Flamme unter der Pfanne erlosch.
„Verdammter Job. Irgendwann holen sie mich sogar vom Klo herunter.“
Anscheinend war das große Spiel nicht vorüber. Der Agent vom AIVD, Willem van den Dragt, hatte so etwas angedeutet. Amsterdam sah einem Wirbelsturm entgegen. Und ihm, gottverflucht noch mal, war nicht einmal der stille Moment in dessen Auge vergönnt.
Ich stand auf und schlich in die Küche, um mir Milch warm zu machen. Die Standuhr schlug vier. Da kam mir plötzlich ein irrwitziger Gedanke – es fällt mir schwer, genau zu erklären, was in diesem Augenblick in mir vorging: Ich folgte einem inneren Drang, der keinen Aufschub zuließ, eilte in den Keller und suchte den Stapel mit Altpapier, den Henri vor unserer Abfahrt nach Collioure dort deponiert hatte.
Als ich zurückkam, war die Milch übergelaufen. Es stank fürchterlich. Rasch schaltete ich den Herd aus, packte mit bloßen Händen den Topf am Stiel und stellte ihn in den Ausguss, wobei ich mir die Finger verbrannte. Wütend über meine Nachlässigkeit und Dummheit riss ich das Fenster auf …
Der Nomade Traminer reitet allein seit Tagen, ist unterwegs nach Vorderhinterasien, um dort die Prinzessin Gewürzlands zu besuchen und sie zu heilen.
Abends bereitet er am Lagerfeuer, was er tagsüber geangelt hat.
Durch den Duft des gebratenen Fisches wird ein Bär angelockt. Der Nomade hat alle Mühe, mit dem angriffslustigen Tier fertigzuwerden. Als der Kampf vorüber ist, stecken an den Stöcken über der Glut nur noch verkohlte Gräten.
Statt dessen gibt es nun als Nachtmahl in der Glut gebackene Bärentatzen. Gut gesättigt kann er sich wieder jenen zarten und feinsinnigen Geschichten zuwenden, mit denen er die kranke Prinzessin wird heilen wollen.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Aufgabe:
Stell dir vor, du wolltest oder solltest in deiner nächsten Geschichte eine Figur verwenden, die den Namen Chalet Nachtigall trägt. Nun stell dir bitte eben diese Figur vor und schreibe die ersten 1-5 Sätze auf, mit denen du diese Figur in deine Geschichte einführen würdest. Es spielt keine Rolle, ob sie deine Protagonistin oder nur eine Randfigur darstellen würde.
Der Mann in ihrer Umkleide hätte Chalet Nachtigall nicht gestört. Es kam vor, dass ein Verehrer nach der Vorstellung den Weg dorthin fand. Wenn er gut aussah und ihr Blumen mitbrachte, so wie dieser junge Herr, hatte sie nichts dagegen einzuwenden. Nein, was sie mehr als nur ein wenig pikierte, war die Tatsache, dass er sie nicht beachtete. Stattdessen starrte er etwas hinter ihr an.
Chalet Nachtigall hieß tatsächlich so und zwar nicht, weil sie in der gleichnamigen Almhütte in Saas-Grund gezeugt oder geboren worden wäre, sondern weil ihre Mutter ein ganz unerklärliches Interesse an exotischen französischen Namen hatte. Dabei gab es so schöne Vornamen: Chantale, Yvonne, Berenice oder Claudette – durchaus gebräuchlich und sehr wohlklingend. Aber nein, Chalet musste es sein. Als habe Mutter zwischen den Presswehen an irgendwelche Gebäude gedacht. So gesehen konnte Chalet ja froh sein, dass die Wahl nicht auf Chateau oder Appartement gefallen war.
„Chalet Nachtigall, bitte melden Sie sich bei der Information“, dröhnte eine Stimme durch den Lautsprecher. Chalet sah sich um. Doch keiner der Anwesenden reagierte. Nein, warum auch. Damit war schließlich sie gemeint. Sie. Chalet Nachtigall. Wie lange es wohl brauchen würde, bis sie sich an ihren neuen Nachnamen gewöhnt hatte? Manchmal wünschte sie, sie hätte einen Mann geheiratet, der einfach nur Schmidt oder Huber hieß.
Chalet Nachtigall verdankte ihre Existenz einer stürmischen, aber einmaligen Begegnung in einer Schweizer Sennhütte. Ein unbekannter Mann mit Sternen in den Augen zeugte mit einer Frau mit Gold in der Kehle im Rausch der Sinne eine Tochter, die später von allen Freunden Charlie genannt wurde. Nachdem ihre Mutter immer noch vom Erfolg ihres Konzertes auf Nightingale Island im Südatlantik vor Millionen von Seevögeln wie Sturmtauchern, Gelbnasenalbatrossen und Felsenpinguinen träumte, gab sie ihrem Kind den Namen Chalet Nachtigall als Erbe und Verpflichtung. Als Taufpaten konnte die Mutter den großen Gelehrten Prof. Abdul Nachtigaller gewinnen.
Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel: Üppige Locken bis zur Schulter, das Rot der Lippen vielleicht zu gewagt, ein geheimnisvoller Blick unter dunkel geschminkten Lidern. Das Mieder eng geschnürt, zu eng fast, um sich zu bücken und die 15 Zentimeter hohen Pumps anzuziehen. Jetzt noch die Nerzstola, locker um den Hals drapiert, damit der Adamsapfel nicht auffiel – und bis zum Ende der Nacht war Horst Knaake wieder Chalet Nachtigall.
Chalet Nachtigall wartete im Schatten eines Containers in der Nähe der einzigen Lampe am Pier 17. Früher waren es bessere Zeiten gewesen. Früher hatte man solche Treffen in feinen Hotels vereinbart. Heute zehrte das lange Warten an der zunehmenden Körperfülle, die Beine wurden einem schwer. Chalet kratzte seinen Bart. Scheisse, auch die Decknamenvergabe des MI5 war inzwischen miserabel.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Fassungslos starrte Anna durchs Schlüsselloch ins Badezimmer, wo sich immer weitere Tentakel aus der Kloschüssel wanden und patschend über den Fliesenboden zur Tür tasteten.
Unser Rechtsmediziner Doktor Jürgens hat festgestellt, dass die Todesursache von Jurkan Dostolski auf einen direkten und sehr heftigen Kontakt seines Hinterkopfes mit der Kloschüssel im Wohncontainer der Serben zurückzuführen ist.
Mit angehaltenem Atem versuche ich lautlos zu pupsen, während ich auf der Toilette sitze, der bestaussehendste Typ der Stadt im Flur (genau vor der verdammten Badezimmertür) hockt, meine Katze streichelt und auf mich wartet, um mich ins Theater auszuführen, als ich merke, dass das mit dem „lautlos“ eine sehr utopische Idee war und sich diese Idee verwandelt in die, mein iPhone aus der Hosentasche zu ziehen und einen Anrufton zu simulieren, der ein eventuelles Geräusch übertönt, als mir das Gerät aus der Hand rutscht und direkt in der Kloschlüssel landet.
Erschöpft legte Robin die Wange auf den rissigen Rand der Kloschüssel.
Warum fängt man so an? Wegen der Aufmerksamkeitslenkung des Lesers. Ein Weg, um Aufmerksamkeit zu wecken, besteht darin, von Anfang an Fragen aufzuwerfen, die der Leser im Fortgang der Erzählung hoffentlich beantwortet sehen möchte.
Sezieren wir doch also rasch diesen ersten Satz: Wir steigen damit mitten in die Handlung ein (für all die, die es einen Hauch schnöseliger ausgedrückt haben möchten: Wir beginnen in medias res), und die Informationsdichte ist verhältnismäßig hoch. Zunächst stellen wir gleich eine handelnde Figur vor, an deren Schicksal der Leser teilhaben kann: Robin. Allein dieser Name lässt genügend Interpretationsspielraum und Deutungsfreiheiten, die dazu beitragen können, die Neugier des Lesers anzustacheln. Ist Robin eine Frau oder ein Mann? Handelt es sich am Ende gar um den berühmtesten Robin der Kulturgeschichte, Robin Hood, den es auf wundersame Weise aus dem Wald von Sherwood an einen Ort und in eine Zeit verschlagen hat, in der es Kloschüsseln gibt und man sich nicht den Hintern mit Blättern abwischt?
Wir erfahren zudem, dass Robin erschöpft ist. Wovon? Die Tatsache, dass er oder sie die Wange auf den Rand der Kloschüssel legen kann, spricht entweder für ein gewisses artistisches, schlangenmenschartiges Geschick (in Annahme einer üblichen Nutzung der Kloschüssel, vulgo: dem Draufsitzen), oder – und dies dürfte wahrscheinlicher sein – für den Umstand, dass Robin vor der Kloschüssel kauert oder kniet. Dies wiederum führt zu gewissen dumpfen Ahnungen hinsichtlich der körperlichen Verfassung Robins.
Daraus lässt sich etwas Wichtiges ableiten, was für den nachfolgenden Text insgesamt gilt (bzw. gelten könnte): In Sachen Darstellung sämtlicher und insbesondere auch unangenehmerer Facetten der menschlichen Existenz wird da von Autorenseite voraussichtlich nicht sonderlich zimperlich zu Werke gegangen werden. Oder anders gesagt: Das dürfte nichts für Zartbesaitete werden, und noch kann man wieder aussteigen, falls man nicht so genau wissen möchte, was sich in der Kloschüssel befindet (das ist im Übrigen keine Schwäche dieses ersten Satzes, sondern eher so etwas wie ein Dienst am Leser).
Apropos Kloschüssel: Über sie erfahren wir, dass sie einen rissigen Rand besitzt (es lebe die Alliteration!). Ein unschuldiges Detail, das dennoch eine Erwartungshaltung bezüglich der Atmosphäre aufbaut, denn Robin hält sich offenbar nicht in einer Toilette auf, in der das Porzellan neu ist (und es beschleicht einen womöglich gar das ungute Gefühl, das hier auch nicht zwingend genau auf Hygiene geachtet wird).
Insgesamt betrachtet eignet sich der Satz als Ausgangspunkt für eine Vielzahl möglicher Geschichten. Er ist gewissermaßen eine Knospe, bei der noch nicht feststeht, wozu sie erblühen wird: von der skurrilen Schilderung einer Zeitreise (siehe oben) bis zur knallharten Milieustudie mit gesellschaftspolitischer Attitüde ist hier noch alles im Bereich des Denkbaren, und das ist auch gut so.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Schuttrutsche. Ein unterschätztes, geradezu ausgegrenztes Wort von archaischer Klangschönheit. Herb und dunkel, mystisch und raunend. Einer der Großen Alten könnte so heißen: Cthulhu, Nyarlathotep, Shub-Niggurath, Tsathoggua, Schuttrutsche. Ein sehr deutsches Wort, im Übrigen. Man stelle sich einen Japaner vor, der sich an dieser Konsonantenfreude abmüht: Shuturutushu.
Mein Lieblingswort ist zzt. Geraffel, weil es einen so originellen Klang hat und eine tolle Beschreibung für all die Dinge ist, die man eigentlich gerne macht, die aber so komplex oder aufwendig sind, dass man davor zurückschreckt. „Na, dieser Roman wird aber ein echtes Geraffel“ oder „Was, ich soll den Garten umgraben? Na, das wird aber ein großes Geraffel“ Vielen Dank an Little Britain für diese Wortschatzergänzung.
Mein liebstes Wort in der deutschen Sprache ist „Welle“, besser noch sein Plural „Wellen“. Vom „W“ voran geschoben, brandet das erste „e“ an den Doppelkonsonanten in der Mitte, schwappt über, wird zum zweiten „e“ und läuft aus ins „n“. Es ist ein Wort, bei dem ich sofort ruhig werde, das mich hinausträgt und an einen anderen Ort versetzt, weil in ihm außer seiner Bedeutung so viele anderes mitschwingt: Strand, Weite, Unendlichkeit, Langsamkeit, Ewigkeit, Gleichmaß, Zeit, Veränderung.
Hmmm. ich fürchte, ich habe kein Lieblingswort. Es wäre zwar interessant, eine Geschichte mit nur einem Wort zu erzählen, aber es gibt wenige Worte, die eine solche Kraft haben. Darum habe ich kein „Lieblingswort“.
Das erste Mal bin ich ihr am 5. Mai 2006 begegnet. Wobei – so genau kann ich es heute nicht mehr sagen. Er und ich hatten uns vorher schon immer wieder über sie unterhalten. Genauer: über sie und ihn.
Das Mädchen und der Junge waren dazu ausersehen, die Welt zu retten, sagte er in das halbdunkle Zimmer und in seinen Augen lag dieser Glanz, um den ich ihn beneidete, weil er mit so viel Leidenschaft von ihrer Welt erzählen konnte. Ich verlor mich für ein paar Momente im Anblick seiner erhitzen Wangen und dem melodischen Klang seiner Stimme und hätte darüber beinahe die Geschichte verpasst, um die ich ihn ursprünglich gefragt hatte.
Doch dann hatte sie mich auch schon selbst eingefangen. Die Rebellin. Die Auserwählte. Die sturköpfig Suchende. Die irrwitzig Liebende. Die mit der realen Welt schon aus purer Erwartungshaltung im Clinch lag. Die jeden zurück stieß, der ihr mangelnde Glaubwürdigkeit vorwarf. Und die letztendlich – wie alle wahrhaft Liebenden – ihr Leben einsetzte, um jene zu retten, die gegen jede Vernunft vom ersten Augenblick an sie geglaubt hatten.
„Deine Begabung möchte ich haben!“, seufzte ich, als er fertig war.
„Aber du hast sie doch.“
Ich kann nicht sagen, ob er lächelte, als er – wie immer – beinahe lautlos aus meinem Zimmer verschwand. Auf jeden Fall aber ließ er mir etwas zurück, das ab sofort zu meinem Lieblingswort geworden war.
Was es ist? Fantasie.
Warum? Fragt ihn doch selbst! Ich bin sicher, er kommt, wenn ihr ihn ruft. Und er wird euch ebenso glücklich machen wie mich …
Ich habe viele Lieblingswörter. Besonders haben es mir die Bildhaften und Lautmalerischen angetan. „Stapfen“ zum Beispiel – da hört man förmlich den Stiefel im Matsch. Oder „Bollwerk“: nur zwei Silben, in denen aber ganze Türme, Zinnen und abweisende Mauern drinstecken. Es gibt aber auch Wörter, die ich nicht mag, Euphemismen wie „Gleichschaltung“. Und bürokratische Monster. „Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid“ ist so eins. So trostlos wie ein Leben im Plattenbau.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Also Spaghetti. Ganz klar. Spaghetti mit Tomatensoße. Und viel Parmesankäse. Geht immer. Auch am nächsten Tag noch. Kalt aus dem Topf. Also mit ohne Soße geht auch. Hauptsache Spaghetti. Aber al dente müssen sie sein. Und auf gar keinen Fall durchgebrochen. Je länger, desto gut. Koch mir Spaghetti und ich tu (fast) alles für dich. 🙂
Wenn ein Buch es schafft, mich zum Staunen zu bringen, dazu, dass ich kleine oder große Dinge im Leben neu sehe, dann macht mich das glücklich. Für das eigene Schreiben kann man sich das kaum als Ziel setzen, beim Leser so etwas zu erreichen — man würde nur auf den Effekt hin schreiben. So etwas geht schief. Aber ich kann aufmerksam durch den Alltag gehen, mir Zeit nehmen für Kleinigkeiten. Wenn ich Beobachtungen in meine Romane übernehme, die mich selbst verblüfft haben (wenn ich mir also das Staunen und das Verblüfftsein noch erlaube), dann gerät ein wenig von dem Zauber ganz von selbst mit ins aktuelle Manuskript.
Am besten, man hat schon beim Eintreten das Gefühl, dass man den Alltag hinter sich lässt. Es muss dunkle Winkel und Ecken geben, gern ein wenig verstaubt, in denen man stöbern und Unerwartetes finden kann. Viel Holz, nur ja kein Chrom oder Plastik. Sessel, in denen man praktisch verschwindet, sobald man sich hineinsetzt. Und Kaffee, vielleicht auch Tee, aus großen Tassen mit altmodischen Mustern.
Ich tue es gerne und oft. Am Liebsten mehrmals pro Tag, in verschiedenen Positionen. Am Rücken, am Bauch, im Sitzen, im Liegen, auch mal stehend oder spontan auf dem Küchentisch. Zuerst langsam, dann immer schneller und mit mehr Druck. Aber gleichmäßig und im Rhythmus. Gerne auch mit der Haarbürste, aber nicht zu fest, sondern ganz zärtlich. Idealerweise jedoch nach dem Essen, mit viel Zeit und Genuss. Der Aspekt des Verwöhnens ist nämlich besonders wichtig, nur dann wird man mit einem heftigen Schnurren belohnt.
Die korrekte Antwort wäre natürlich „42“.
Aber da ich vermutlich nicht der einzige bin, der auf diesen hochintelligenten Scherz gekommen ist (was ihn weit weniger hochintelligent sondern eher ein wenig bemüht macht), überspringen wir diesen Teil besser. Ich beantworte also meine zweitliebste Frage.
Ja. Definitiv.
Wie etwa 99 Prozent aller Romane beziehungsweise Schriftstücke, die sich nicht mit reinen Sachthemen beschäftigen. Wobei ich mir sicher bin, dass die Entstehung einer erstaunlichen Anzahl von Schriftstücken der sogenannten Sachliteratur auf ganz ähnlichen Gründen beruht. Wenn man sich die Themen, denen manche Leute Jahre ihres Lebens opfern, so ansieht, kann man kaum zu einem anderen Schluss kommen.
Aber auch davon abgesehen – welche Form des Romans dient seinem Leser denn nicht dazu? Thriller und Krimi? Ach was! Chick-Lit (oder auch gehobener Frauenroman)? Ein Volltreffer. Zumindest, was die Erfüllung sämtlicher Kriterien angeht. Philosophischer Gegenwartsroman? Nein, hier findet man die besten Beispiele von Realitätsferne. Hm. Bildungsromane? Na gut. Die haben fast so viel mit der Realität zu tun, wie unser Bildungssystem.
Die bessere Frage wäre also eigentlich, nicht ob es so ist, sondern was so schlecht daran sein soll.
Eine der herausragenden Eigenschaften des menschlichen Denkens ist es, sich Dinge vorstellen zu können, die eben nicht der Realität entsprechen. Also in alternative Realitäten eintauchen zu können und daraus Lehren zu ziehen. Aus den Erlebnissen und Fehlern anderer zu lernen – sogar, wenn es nur fiktive andere sind.
Und das ermöglicht phantastische Literatur ganz … na eben ganz phantastisch. Und wenn man aus ihr nur lernt, dass jeder über sich hinauswachsen kann, dass es möglich ist, auch größte Schwierigkeiten zu überwinden, dass Leute, egal wie sie aussehen (oder welcher „Rasse“ sie angehören) letztendlich nur Leute sind, die alle ihre Sorgen, Nöte und Sichtweisen auf die Realität haben und vielleicht auch dass es, ganz nach Shakespeare, mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als es sich Horatios Schulweisheit träumen lässt, dann ist schon eine ganze Menge gewonnen.
Sicher kann man die selben Erkenntnisse auch aus „ernsthafterer“ Literatur gewinnen. Aber diese ernsthaftere Literatur erreicht mit dem selben Anliegen weit weniger Leute, weil sie oft langweilig, trocken und mühsam zu lesen ist, als „profane“ Belletristik. Das ist aber kein Vorwurf, den man der Unterhaltungsliteratur machen sollte, sondern doch besser E-Literatur. Es gibt meines Wissens keine Vorschrift, dass Bildung keinen Spaß machen darf, auch wenn das einige Literaten (vor allem aber Kritiker) zu glauben scheinen.
Für mich spricht absolut nichts dagegen. Der allergrößte Teil der Phantastik-Leser kann, entgegen anders lautender Gerüchte, sehr wohl unterscheiden, was ihre persönliche Lebensrealität und was Fantasy ist. Aber wenn Fantasy ihren Horizont erweitert und noch dazu ihr Leben schöner macht, dann ist es blödsinnig, sich genau darüber aufzuregen. Mir tun die Menschen leid, die mit einer Realität schon so überfordert sind, dass sie es nicht schaffen, wenigstens zeitweise aus ihr zu entkommen und sich noch auf eine Handvoll weiterer einlassen zu können. Das muss ein ausgesprochen armes Leben sein.
Und selbst wenn man alles andere beiseite lässt – jedes einzelne gelesene Wort bildet. Lesen macht nicht dumm. Wenn man nur genug liest.
Vielen Dank an die teilnehmenden Autorinnen und Autoren!
Mit dieser Reihe werde ich (hoffentlich) in den nächsten Tagen starten können. Es könnte gleichermaßen interessant wie lustig werden. Aber mehr will ich noch nicht verraten. Ihr werdet schon sehen!