
Wollte man den Unterschied zwischen einem Roman und einer Kurzgeschichte (im engeren Sinne) auf den Punkt bringen, könnte man Folgendes sagen:
Der Roman erzählt die Geschichte einer oder mehrerer Figuren und ihres Konflikts/ihrer Konflikte.
Die Kurzgeschichte erzählt einen Konflikt unter Beteiligung der dazu notwendigen Figuren.
Das Entscheidende dabei ist, dass (in der Regel) eben nicht die Entwicklung (Entstehung, Verzögerung, Steigerung, Zuspitzung, …), also die Geschichte des Konflikts erzählt wird, sondern der Konflikt auf seinem Höhepunkt bzw. einer, der sich unmittelbar vor diesem befindet.
Der Konflikt steht im Vordergrund, die Figuren dienen nur dazu, ihn auszutragen! Schon allein deshalb, weil für die Geschichte dieser Figuren kein Platz ist.
Verinnerlicht man das, kann man einen Konflikt sowohl auf die eine als auch auf die andere Art erzählen, als Roman oder als Kurzgeschichte.
Versuch es doch einmal. Nimm dir einen Roman (oder einen Film), den du gut kennst, und vergegenwärtige dir den zentralen Konflikt. Konzentriere dich dann darauf, wie dieser Konflikt gelöst wird, nimm dir die Figuren des Romans (oder Films), die du unbedingt brauchst, und schreibe mit ihnen eine Kurzgeschichte in ein oder zwei Szenen, die sich um den gleichen Konflikt dreht. Und obwohl du streng darauf achtest, handlungsorientiert zu schreiben und dich nicht in Erklärungen und Rückblenden zu verlieren, soll der Text für sich allein und ohne die Kenntnis der Vorlage verständlich sein.
In meinem Artikel zur Kurzgeschichte findest du neben weiteren Informationen unter anderem ein Beispiel zu „Der Herr der Ringe“.